Jazz :: VON SECKENDORFF
„Odd Times“ (enja) sind Fans vertrackter Rhythmen gewohnt von dem Oud-Spieler RABIH ABOU-KHALIL. Das Live-Opus zeigt seine Band vor allem von der heftigen Seite. Gesamteindruck: Im Westen wie im Osten (die hier eine erfrischend lebendige Ehe eingehen: Howard Levy erweist sich mal wieder als der ultimative Harmonika-Spieler) nichts wirklich Neues. Und das, obwohl sechs von den acht Stücken unveröffentlicht sind. Dafür kommt gut riiber, warum Khalil & Co. bei ihren Konzerten niemanden kaltlassen. 4,0
Jede Menge Neues aus dem tiefsten Süden. Von Afrika läßt sich der in England lebende Trompeter BYRON WALLEN zu atmosphärisch dichten Collagen inspirieren. Nur wenige wissen mit Stimmen und Geräuschen so überzeugend umzugehen wie dieser Fusion-Musiker, bei dem „Earth Roots“ (melt 2000) nicht für die üblichen Ethno-Klischees steht. 4,0
Daß das Akkordeon dem Bandoneon jazzhalber durchaus ebenbürtig sein kann, hat vor allem der – na klar – Franzose RICHARD GALLIANO einem breiteren Publikum vermittelt Bandoneon spielt auf „Blow Up“ (Dreyfus) gelegentlich sein Landsmann Michel PortaL Besitzer einer Klarinette ohne Scheuklappen. Als Duo sind die beiden unwiderstehlich: Zwei Vollblutmusiker, dem Balkan gar nicht weniger verbunden als Brasilien, Avantgarde-erfahren zwar, aber auch in der Volksmusik so tief verwurzelt, daß ihre Mixtur mit dem derzeit angesagten Roots-Getue garantiert nichts zu tun hat. 4,0
Zum Siegeszug des Akkordeons dürfte auch JEAN-LOUIS MATINIER beitragen. Er hat bei seinen Trio-Kollegen DAVID FRIEDMAN (am Vibraphon) und ANTHONY COX (Baß) die Nachfolge des Bandoneon-Spielers Dmo Saluzzi angetreten: „Französische Leichtigkeit statt argentinischer Schwermut“ wäre als Formel zwar zu plakativ, weist aber doch in etwa die Richtung von „Other Worlds“ (Intuition). Hier herrscht subtile Harmonie. 4,0
Was sich nicht nur von Friedmans Vibraphon-Vibes sagen läßt. GARY BURTON im Duo mit CHICK COREA, das hat es in den letzten 14 Jahren nur live gegeben. „Native Sense“ (Stretch) ist eine Sammlung lyrischer Kabinettstückchen, nicht nur herzerwärmend interpretiert, sondern auch kompositorisch einprägsam (worauf bei Corea schon länger kein Verlaß mehr war). 4,0
Gegen Null tendiert der Repertoire-Wert des neuen Albums von Mr. JOHN MCLAUGHLIN. Was als „New York Fusion“ eine positive Reminiszenz an die Power der Mahavishnu-Ära hätte werden sollen, erweist sich als Rückfall in Unsitten der 70er Jahre, wie sie selbst von McLaughlin längst überwunden schienen: Flinkfingergeknittel, Brachial-Drums (Dennis Chambers. Gary Thomas und Jim Beard haben sich als partners in crime mit eingelassen auf „The Heart Of Things“ (Verve).3,0
Was McLaughlin völlig fehlt, verbindet die Band Latin For Travellers des Schlagzeugers BOBBY PREVITE um so souveräner mit saft-& kraftvollem, rockbeeinflußtem Spiel: Witz hat ihre live eingespielte Reisetip-Sammlung „My Man In Sydney“ sowohl musikalisch als auch verbal (wunderbar durchgeknallter Booklet-Text) Avantgarde-Heroes reisen unter Volldampf durch das Reich von Rock und Blues: eine lustbetonte Botschaft an alle Daheimgebliebenen. 4,0
„Down Home“ (Intuition) begaben sich – bodenständig im konservativeren Sinne – Bill Frisell, sein Schlagzeuger JOEY BARON, Arthur Blythe und Ron Carter. Vom Bassisten mal abgesehen also zu wunderbar Schrägem neigende Musiker, die hier aber nur eines im Sinn hatten: lässig in der Hängematte „Soul & Blues“ zu schaukeln. 3,0