Jazz von Seckendorff

Nach all dem Hype um JOSHUA REDMAN beweist der Saxophonist mit neuem Quartett zwar nicht, daß er tatsächlich zu den wichtigsten Musikern der letzten Jahre zählt. Doch „Spirit Of The Moment“ (WEA) zeigt ihn von seiner besten Seite: als improvisationsfreudigen Musiker – unter elf, zwölf Minuten läuft da kaum was – mit Sinn für swingende, Soul-nahe oder Latin-Grooves. Immer wieder strapaziert er die Kunst der wohlkalkulierten Steigerung bis zur Climax, die das Publikum im New i>rker Village Vanguard von den Hockern reißt. Unter den vielen Eigenkompositionen: kaum ein Geniestreich, aber metrische Raffinessen ebenso wie inspirierte Balladen. Live gönnt sich Joshua Redman mehr Freiheit in rauherem Tonfall – und sorgt so für rund zweieinhalb Stunden ohne Durchhängen 3,5 Der Vorgänger von Peter Martin im Redman-Quartett überrascht auf dem Album „Introducing BRAD MEHLDAU“ (WEA) in zwei Trio-Formationen mit dem interessantesten Piano-Debüt seit Jacky lerrassson. Souverän vereint Mehldau alle Errungenschaften der Post-Bop-Ära mit der Subtiütät eines Bill Evans. 3,5 Der zweite überragende Pianist im Evans-Gefolge sollte längst in aller Munde sein. An die hundert Platten profitieren von seiner Fähigkeit, bei aller Kultiviertheit nicht ins Fade abzugleiten. Bei J>ointln 77me“(ENJA/in-akustik) besteht dieses Risiko für FRED HERSCH schon deswegen nicht, weil sein sensibles Trio auf der Hälfte der Tracks um zwei Bläser ergänzt wird, die für verschärften Biß sorgen. 3,0 Daß Weiße den Blues spielen können, darf als abgehakt gelten. Aber können Klassiker Jazz spielen? KATIA LABEQUE, überragend im klassischen Klavier-Duo mit ihrer Schwester, wagt sich noch nicht an Improvisationen heran. Was tun? Für „Linie Girl Bitte“ (dreyfus/Edel-Contraire) teilt sie sich die Tasten mit Jazz-Prominenz. Das macht Sinn, wenn die Pianisten fürs Duett originelle Arrangements schreiben wie Rubalcaba für „Besame Mucho“. Das ist nicht mehr als nett, wenn Katia den Titelsong Ton für Ton spielt wie Oscar Peterson anno 1968. Es wird fad, wenn sie Herbie Hancock im Duett mit seiner eigenen fersion von „My Funny Valentine“ konfrontiert. 2,5 Endlich ein Jazz-Album einspielen wollte der kitschverdächtige Kanadier OINO VANNELLI. Spätestens bei der zweiten Hälfte seiner Kompositionen für „Ttbnder The“ (Polygram) verlor er sein Ziel aus den Augen. Bereits in den ersten stört das Pathos des Bombastikers: toofat to swing. 2,0 Wie elegant auch eine mächtige Stimme wirken kann, sollte er von KEVIN MAHOQANY lernen. Dessen bluesgetränkter Bariton ist wie geschaffen für Balladen und geschmeidige Seat-Improvisationen. Repertoire und gediegene Mitmusiker für „You Got What It Takes“ (ENJA) entstammen solidestem Mainstream-Umfeld. Und doch: Was der gewichtigste Jazz-Sänger der letzten Jahre aus Standards vom Bebop bis zum R&B („Route 66“) macht, hört sich aufregend an. 3,0 Ob Jazz-Musiker Beatles-Songs spielen sollten? Auch Tommy Lipuma als Produzent hat nicht verhindert, daß die GRP ARTISTS mit ihrer „Celebration“ (MCA) Lennon & McCartney in den Muzak-Fahrstuhl zerren: Tom Scott als JFool On The Hill“, „Let It Be“ vom Sax-Sülzer Nelson Rangel oder „In My Life“ ä la Spyro Gyra – schiere Zumutung. Originell geht nur Chick Corea mit „Eleanor Rigby“ um. 1,5 Schon überzeugender die seit sieben Jahren erste Solo-Arbeit von WAVNE SHORTER: orchestral angelegte, dem Titel „High Life“ (Polydor) zum Trotz eher verhalten gestimmte Fusion, die allerdings kaum spüren läßt, daß sie von einem der wichtigsten Komponisten der Jazz-Geschichte stammt. Nur Sounds und Sax bleiben in Erinnerung. 2,5

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