Jenny Hval
„Iris Silver Mist“ – Sprudelnd
4AD/Beggars (VÖ:2.5.)
Ein Wechselbad aus Experimental-Sounds und Electro-Folk.

Seit zwei Jahrzehnten arbeitet die kosmopolitische Norwegerin nun an ihrer Vita als Allroundkünstlerin, mit Schwerpunkt Musik. Sie schreibt auch Romane und ist im Segment Visual Arts unterwegs. Der Name eines Parfums, das Maurice Roucel einst für den französischen Modeschöpfer Serge Lutens schuf, inspirierte sie zum Titel ihres siebten Studioalbums. Ein besonderer Duft mit metallener Note, der ihr aktuelles Œuvre olfaktorisch beschreibt: Jenny Hval, wie sie das elektronische Spannungsfeld durchweht.
Wie ein Wechselbad, das in seiner unsteten Sprudeligkeit anregend wirkt
„The Artist Is Absent“ heißt einer der neuen Songs. Passend dazu der 60-Sekunden-Track „Heiner Müller“, der aus hellem Gesang („I text about his texts“) und den Geräuschen eines Spaziergangs im Regen besteht. Nicht minder experimentell die Schwingungen von „I Want The End To Sound Like This“. In „Spirit Mist“ hat Hval den Tür-Piepton der Osloer U-Bahn eingefangen und geloopt. „Hufng My Arm“ ist eine weitere Meditation, die hier durch eine Klosterzelle murmelt.
Der andere Teil von „Iris Silver Mist“ weist klassische Songstrukturen auf. „A Ballad“ kommt als feingliedriger Folksong daher, der an Mike Oldfeld mit Enya erinnert. Ähnliches gilt für das elegante Pop-Stück „The Gift“ oder für die Downbeat-Übung „You Died“, mit der auch Massive Attack klarkämen. Jenny Hval fächert also ein großes Spektrum auf. Wobei ihr „nur Pop“ wohl zu profan und „nur Experiment“ zu langweilig ist. Ihre Mischung ist wie ein Wechselbad, das in seiner unsteten Sprudeligkeit anregend wirkt.
Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 5/25.