Jens Friebe :: Abändern

Eher Jarvis Cocker als Andreas Dorau: Große Lieder über Liebe

Der Liebesbote mit der Locke, der Amor im T-Shirt, der eitle kleine Prinz der Berliner Tag- und Nachtcafé-Gesellschaft, dessen Bruder sich das Wort „digitale Bohème“ ausgedacht hat: So findet man Jens Friebe, aber zum großen Glück macht der junge Mann seine Musik gerade nicht für den Freundeskreis und die Kapierer, sondern für die, die sich ständig im dramatisch rauen Wind und auf den schwankenden Planken der Gefühle wähnen, auch wenn gar nichts Besonderes los ist (früher waren das die Teenager, heute sind es alle ab 30).

Seine vierte Platte verbringt er auf dem Klavierhocker, spielt die Tasten im Songwriter-Gestus („Charles De Gaulle“, über die Schauspiele des Abschiednehmens), hämmert („Verbotene Liebe“, eine Schauervision über Romeo und Julia im Nazidorf) oder klimpert verhallt („Alles über die Welt“, Melancholie als After-Hour-Vergnügen). Melodien wie elegante Lachfalten, delikate Stimme, Klänge aus den verschollenen Soundbänken des wirklich guten New-Wave-Pop. Und was Friebe hier über die moderne Ökonomie der Liebe zu sagen hat, über Resteverwertung und Entertainmentfaktor, das erinnert mittlerweile mehr an Jarvis Cocker als an Andreas Dorau. (ZickZack) Joachim Hentschel

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