Jerry Lee Lewis :: Last Man Standing

Mehr als schnöde Legenden-Verwaltung, mit vielen VIP-Gästen

Der Mann, den sie den „Killer“ nannten, ließ noch mal rufen. Kam irgendwer nicht? Ganz grob geschätzte 1278 Jahre Rock’n’Roll-, Blues- und Country-Adel sind zur letzten großen Party von Jerry Lee Lewis geeilt. Und die Zeit, die es gekostet hat, die fast zwei Dutzend VIP-Gäste dort überhaupt in Stellung zu bringen, dürfte beträchtlich über der für die Studio-Feierlichkeiten selbst liegen. Zumal dort offenbar kurzer Prozess gemacht wurde. Das suggerieren zumindest die oft rohen, windschiefen Arrangements, das über weite Strecken naheliegende Repertoire, die abrupten Schlüsse und ungehobelten Soli, auch der launig-spontane Austausch von Bonmots vor und nach den Stücken. Das Beste liefert Ringo Starr. „Your lungs are better than mine, Jerry“, staunt er, nachdem sie der „Sweet Little Sixteen“ eine eher bemühte Aufwartunggemacht haben.

Doch „Last Man Standing“ hat mehr zu bieten als biedere Altherren-Fantasien, die Lewis ja ohnehin schon vor der Zeit durch hatte. Mehr als einen halbwegs renovierten Altmeister, der gleich zum Auftakt Jimmy Page zeigen möchte, was eine „Rock And Roll“-Harke ist, und sich dann von Bruce Springsteen im „Pink Cadillac“ fast überholen lassen muss. Hinter der egozentrischen Aura und der arroganten Fassade des „a Jerry Lee can tell“ (wie er in „Before The Night Is Over“ mit B.B. King singt) taucht dann ein Versehrter und Überlebender auf, der die Weisheit auch nicht gepachtet hat.

Das ist natürlich die Stunde von Country-Songs. Mick Jaggers „Evening Gown“ macht den schönen Anfang, mit einem gut auflegten Autor als Stichwortgeber. Dieser noch kecken Variante von Vergänglichkeit und Vergeblichkeit folgen verletzlichere. Keith Richards und Lewis finden in „That Kind Of Fool“ so innig-gebrochen zusammen, wie man es vermuten konnte. „Don’t leave me all alone here in the twilight, cause twilight is the loneliest time of day“, singt Lewis mit Robbie Robertson. „Couple More Years“ mit Willie Nelson ist schlicht ergreifend, „Don’t Be Ashamed Of Your Age“ mit einem aufgekratzten George Jones sehr amüsant. Zwischendurch geht Jerry Lee mit Rod Stewart aber doch noch einen heben („What’s Made Milwaukee Famous“) und mit Merle Haggard ein bisschen rumhängen (Just A Bummin‘ Around“).

Manche, die zur Party kamen, wären besser zu Hause geblieben. Country-Reaktionär Toby Keith („0l‘ Glory“) ebenso wie Kid Rock („Honky Tonk Woman“). Dann doch lieber noch mal „The Pilgrim“: Eine Zeile wie „He’s a walking contradiction, partly truth, partly fiction“ klingt ja auch, als habe sie Kris Kristofferson extra für Jerry Lee Lewis geschrieben.

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