John Frusciante :: Shadows Collide With People

Dass sich dieser Saiten-Simplizissimus in all den Jahren der Professionalität seine Unschuld bewahren konnte, grenzt an ein Wunder – oder zumindest an Selbstverleugnung. Die Leads klingen immer noch so unsicher und schüchtern, in Sound und Phrasierung, als klaubte sich hier ein Gitarrenpennäler die erste Handvoll Noten zusammen, die auch harmonisch aufgeht. Aber wie die aufgeht! In diesem dünnhäutigen, ausgemergelten Klangkörper stecken selbstvergessene, schwebende, aus der Zeit gefallene, schlicht wunderschöne Single-Note-Linien, die Frusciantes Personalstil ausmachen. Man erkennt den Mann wieder, obwohl er fest nichts spielt.

So auch auf diesem immerhin schon vierten Solo-Album. Ein ziemlich heterogenes Konvolut, das neben atmosphärischen Collagen, Feedback-Schnipseln und Krautrock-Spinnereien noch genügend „richtige“ Songs enthält, um es zu mögen. Es sind dies eher Skizzen, zumeist ruhige, zurückgelehnte, elegische Rock-Fragmente, die an den Rändern zum Folk, Blues und Westcoast ausfransen. Frusciante ist ein Melancholiker vor dem Herrn, und diese Arbeiten nach Feierabend, wenn das Tagwerk in der Firma Red Hot Chili Peppers erst mal erledigt ist, versenken sich in schöner 70erJahre-Schwermut, die immer auch was Nostalgisches hat. Das klingt alles sehr persönlich, unprätentiös und vorläufig – da muss einer nichts mehr beweisen.

Natürlich hat Frusciante das Album auch selbst und ziemlich down to earth produziert, ja eigentlich kaum produziert. Fast kommt man sich vor wie jemand, der in einem fremden Tagebuch herumblättert: Man kann nicht damit aufhören, weil Neugier und Voyeurismus einen treiben. Die etwas nichtssagenden, esoterischen Sound-Experimente wären dann die Kritzeleien am Seitenrand. Die entstehen bekanntlich, wenn mal überhaupt nichts passiert ist.

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