Johnny Cash :: American Recordings

Der Mann, der damals in Reno losschoß, nur um mal jemanden sterben zu sehen, ist vom ersten Ton an wieder ganz der Alte – mit einem lässigen Remake seiner ’62er-Mörderballade „Delia’s Gone“, die es mit Anton Corbijn und Kate Moss als Video-Model sogar ins Programm der MTV-Grobkomiker Beavis & Butthead schaffte und als einziges der 13 Stücke wirklich Gnade fand vor US-Starkritiker Robert Christgau: „American Recordings“, moserte der, mangle es vor allem an „Rhythmus“. Aber das, muss man ihm entgegnen, war ja gerade die (Rubin-)Idee: Cash vom ewigen Boom-Chicka-Boom-Sound abzukoppeln, um ihn als Folkie mit Akustikgitarre wiederentdecken zu können. Weshalb der „Best Contemporary Folk“-Grammy für dieses Album nur folgerichtig war (während er immerhin fast die Top 20 der US-Country-Charts erreichte).

Und genug Rhythmus – des guten Wortes zumindest – gibt es hier allemal noch, wobei Cash mit dem Vietnam-Vet-Porträt „Drive On“ oder „Redemption“ unter Beweis stellte, dass auch als Songschreiber nach wie vor mit ihm zu rechnen war. Highwaymen-Genosse Kris Kristofferson (als Autor vertreten mit seinem 1972er „Why Me Lord“) war stets eine gute Quelle für ihn. Glenn Danzig („Thirteen“) und Tom Waits („Down There By The Train“) schreiben ihm sogar eigens Down’n’Out-Songs, die den Mythos füttern, ohne ihn zu karikieren. Doch das zentrale Stück war schon länger in der Mache und kam gerade rechtzeitig für „American Recordings“ von Cashs Ex-Schwiegersohn: Nick Lowe war fast noch mit Carlene Carter verheiratet, als er ihm in den Achtzigern „The Beast In Me“ erstmals vorstellte. „Good Idea“, aber „not quite right“, beschied der. Erst eine gute Dekade später hatte der Song dann mehr als nur eine starke Eröffnungsstrophe.

Man muss den Rubin-rettet-Cash-vor-Nashville-Hype nicht unbedingt glauben – und natürlich ging die späte Hip-Werdung immer auch mit Beifall von der falschen Seite bzw. an der falschen Stelle einher. Wie der Applaus der Hollywood-Meute im Viper Room, wo Cash die alte Eddy-Arnold-Schnurre vom „Tennessee Stud“ und Loudon Wainwrights Posse „The Man Who Couldn’t Cry“ live zum Besten gab.

Und, klar, „Bird On A Wire“ ist bei Leonard Cohen (und selbst bei Aaron Neville) immer noch besser aufgehoben. Aber diese Platte eröffnete Johnny Cash noch einmal neue Welten, in denen er dennoch ganz der Alte bleiben konnte.

Höhepunkt: „The Beast In Me“ Erfolg: Platz 110 in den „Billboard 200“-Charts

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