Johnny Cash

In Dänemark präsentierte sich Johnny Cash 1972 voller Schaffenskraft. Sein Vortrag war präzise, Cash führte scherzend durch seinen Katalog.

Kommerziell war Johnny Cash zu Beginn der 70er-Jahre auf dem Gipfel angelangt. Der geläuterte und von den Exzessen vergangener Jahre genesene Sänger reüssierte bei der Grammy-Verleihung, stürmte mit „Man In Black“ abermals die Hitparaden und stand mit der „Johnny Cash Show“ gar einer eigenen, überaus erfolgreichen Fernsehsendung vor.

Doch auch der Bühnenkünstler Johnny Cash fand in jenen Tagen zu alter Kraft. Cash tourte international und exportierte das Konzept seiner TV-Show in andere Länder. Unter anderem nach Dänemark, wo 1971 das dieser DVD zugrunde liegende Konzert aufgezeichnet wurde – vor durchaus kundigem Publikum. Cash ist bester Laune, scherzt zwischen den Songs, liest eine Ansage auf dänisch vom Blatt ab und bemüht sich dabei um die korrekte Aussprache. Die Kulisse ist in der üblichen Ästhetik der 70er-Jahre gehalten: Ein absurd hässliches Holzgebälk, mit dem offenbar die Lagerfeuer-Seligkeit des amerikanischen Westens symbolisiert werden sollte.

Johnny Cash beginnt den Abend mit einigen seiner eigenen Songs, spielt „Boy Named Sue“ sowie natürlich „I Walk The Line“. Er dirigiert seine Band jener Tage, die Tennessee Three, im weiteren Verlauf unter anderem durch zwei Songs von Kris Kristofferson, den er kurz zuvor entdeckt hatte. Zwischendurch holt Cash, dem Konzept seiner Sendung folgend, immer wieder potente musikalische Gäste auf die Bühne. So spielt Carl Perkins „Blue Suede Shoes“ und „Matchbox“, die Grammy-dekorierten Stalter Brothers intonieren „Bed Of Roses“ und das superbe „Flowers On The Wall“.

Insgesamt 19 Songs werden aufgeführt. Cash spielt den „Folsom Prison Blues“ und erinnert in der Moderation an sein legendäres Knastkonzert im Folsom State Prison, das er 1968 gegeben hatte. Gemeinsam mit seiner Frau, June Carter, singt er danach „Darlin‘ Companion“, „Help Me Make It Through The Night“ und eine berückende Version des Traditionals „If I Were A Carpenter“. Schließlich betritt mit Schwiegermutter Maybelle Carter die greise Matriarchin der Carter Family die Bühne. Zusammen mit June, Anita und Helen Carter improvisiert sie ein wenig und die Töchter singen ihr zu Ehren „A Song To Mama“, ehe Cash nach und nach alle Gäste der Show auf die Bühne holt und den Abend mit einem grandiosen Gospel-All-Star-Finale ausklingen lässt.

Insbesondere in diesen Passagen spürt man freilich die Läuterung des einstigen Outlaws ein bisschen zu deutlich. Die Sektierer hatten Familienonkel Cash den Rock’n’Roll ausgetrieben, das Abgründige, Verzweifelte, das seine frühen Aufnahmen so gut machte und den Musiker stets von Saubermann-Nashville abgehoben hatte. Cash offenbarte seine geschundene Seele Jesus Christus, mit seiner Drogensucht hatte er auch ein Gutteil seiner Faszination zurückgelassen. Erst in späteren Jahren sollte es ihm nach langer kommerzieller und künstlerischer Durststrecke erfolgreich gelingen, die Gottesfürchtigkeit mit seiner dunklen Seite in Einklang zu bringen – mit Rick Rubin auf den American Recordings.

Die Cash-Biografie ist jedoch nicht in gut und böse zu trennen, nur wer die ganze Geschichte kennt, erhält ein umfassendes Bild des Großkünstlers – mit all seinen Irrungen, Wirrungen und Triumphen. Und so krönt der am Ende von „Man In Black“ stehende Gospel „Children, Go Where I Send Thee“ eine beeindruckende Werkschau, in deren Verlauf Cash durch die klassischen Spielarten der Americana führt – Spirituals, Rockabilly, Folk, Roots, Country.

Zwar hatte Johnny Cash damals aus Solidarität für die Verlierer des amerikanischen Traums beschlossen, fortan nur noch schwarz zu tragen – sein Gemüt an jenem Abend war indes sonnig.

Live on Stage

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No. 2

Johnny cash

„Man In Black“

„Man In Black“ ist der zweite Teil einer exklusiven DVD-Reihe, die der ROLLING STONE in Kooperation mit Sony Music präsentiert. Alle Titel erscheinen zunächst in der streng limitierten Tin-Box, die Liner Notes stammen von der Redaktion. ROLLING STONE-Leser können die Gesamt-Edition für 105 Euro, Abonnenten zum Vorzugspreis von nur 99 Euro hier bestellen:

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01 DAVID BOWIE : „A Reality Tour“

02 JOHNNY CASH: „Man In Black“

03 THE CLASH: „Live Revolution Rock“

04 LEONARD COHEN: „Live In London“

05 BOB DYLAN: „The Other Side Of The Mirror“

06 EURYTHMICS: „Peacetour“

07 FALCO: „Donauinsel Live“

08 DIE FANTASTISCHEN VIER: „Heimspiel“

09 BILLY JOEL: „Live At Yankee Stadium“

10 OZZY OSBOURNE: „Live At Budokan 2002“

11 SIMON & GARFUNKEL: „The Concert In Central Park“

12 THE HIGHWAYMEN: „Live“

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