Johnny Dowd – Temporary Shelter

Nun geht’s wirklich ans Eingemachte. Leichte Kost hatte der Möbelspediteur aus Ithaca, New York, schon auf „Wrong Side Of Memphis“ und „Pictures From Life’s Other Side“ nicht gereicht doch „Temporary Shelter“ stellt selbst hartgesottene Zeitgenossen auf die Probe. Das trifft schon den musikalischen Kern dieser elf Songs, die etwaige Roots-Spuren der beiden Vorgänger radikal tilgen. Zentrum des Quartetts ist ein Drummer mit dem schönen Namen Brian Wilson, der sich auf schleppende Down-Dub-Beats und perkussiven Wirbel versteht, auch die Loops in eigener Sache nicht scheut und obendrein mit seinen „Moog Taurus pedals“ noch den Bassisten überflüssig macht. Justin Asher sorgt im House Of Dowd für schwere Orgel-Tapeten und manchen Keyboard-Irrwitz, derweil der Chef zwischen metallen-twangigen Riffs und irrlichtemden Licks changiert. Nicht zu vergessen Kim Sherwood-Caso, eine Zweitstimme von enervierend-nöliger Präsenz, die mal als eine Art Über-Ich des geplagten Erzählers fungiert („Sky Above, Mud Below“), aber auch für Unisono-Passagen und als Sirene von nebenan zur Verfügung steht.

Gemeinsam kreieren sie gespenstische Soundscapes, die mit dem Begriff von der „Ballade“ nur eindeutig euphemistisch beschrieben sind, selbst wenn man den weit fasst. Thematisch kreist Dowd wieder um Sünde, Schuld und die Liebe, die man nicht kaufen kann, nur rückt auf seinem dritten Album konsequent die Erinnerung ans eigene Leben in den Mittelpunkt. „I’ve got my memory to keep me company“, singt Dowd, und man weiß längst, dass er da nicht unbedingt in guter Gesellschaft ist. Das Ergebnis ist ebenso autobiografisch wie notgedrungen fiktiv und vor allem ein läuterndes, aber oft auch schwer zu ertragendes Dokument gnadenloser Selbstbezichtigung mit zynischem Unterbau. „Don’t worry about my feelings, they’ve been hurt before“, knarzt Dowd so beiläufig, als wolle er dem Milchmann einen schönen Tag wünschen.

Dowd-Fortgeschrittene dürfen gleich durchs gut achtminütige „Angel Eyes“ taumeln und dem „Planet Happiness“ einen Besuch abstatten, den sie so schnell nicht vergessen werden. Dowd-Novizen sind mit einem Ausflug an den Strand erst mal besser bedient, auch wenn „Big Wave“ selbst gestandenen Beach Boys noch die eine oder andere Gänsehaut auf die Arme treiben wird: „I’ve been searching fbr that perfect wave, in my heart and in my soul.“

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