Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte

Lehman Brothers pleite, Island vor dem Staatsbankrott, massenhaft Zwangsversteigerungen, Investmentbanker plötzlich in Kaffeekellnerjobs: Die Finanzkrise, ausgelöst durch Kreditspekulationen in Amerika, war zur Weltwirtschaftskrise ausgewachsen. Als Moore im Herbst des vergangenen Jahres seinen nun als DVD vorliegenden Wutfilm über den angelsächsischen Kapitalismus vorlegte, schien der Spuk schon vorbei zu sein – und der spöttische Sozialromantiker wurde des Nachtretens verdächtigt.

Tatsächlich ist seine satirische und höchst subjektive, im Kern aber korrekte Dokumentation zeitlos. Nichts hat sich geändert. Die Arbeitslosenzahlen steigen mit den Bonuszahlungen für Manager, die kurzzeitig geächteten Heuschrecken wetten sogar auf Griechenlands Untergang und demnach gegen den Euro. Die Wirklichkeit ist noch bizarrer als Michael Moores Pointen. So vergleicht er die heutigen Zustände mit Szenen aus Filmen über das alte Rom. Ob das Guido Westerwelle zu seiner Aussage von der „spätrömischen Dekadenz“ inspiriert hat? Über die Deutung sollten die beiden Polemiker sich mal im TV zanken – mit Thilo Sarrazin als Moderator.

Moore attackiert die skrupellosen Eliten, vergisst aber, dass auch kleine Leute Opfer naiver Gier wurden. So ist das heute nun mal: Die einen sind für Mindestlöhne und gegen Millionenboni, die anderen wollen das Gegenteil. Es gibt keine Mitte mehr. Das ist die eigentliche Tragik dieses Films, in dem es Moore am Ende immerhin schafft, eine Art von Utopie zu entwickeln. Extras: Interviews, weitere Szenen.

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