Keren Ann – Keren Ann :: Die Allround-Künstlerin besticht wieder mit kunstvollen Songs
Wenn eine Künstlerin ihr bereits fünftes Album schlicht nach ihrem Namen betitelt, dann ist ihr entweder keine brauchbare Überschrift eingefallen. Oder die Marketing-Abteilung hat ein paar gute Argumente gehabt. Oder sie will ein Statement machen. Neuanfang, „persönlichstes“ Album, diese Schiene. Keren Ann Zeidel, Prototyp der weltgewandten Song-Amazone zwischen Paris und New York, Island und Israel, ist jedenfalls nicht die Frau für Verlegenheitslösungen. Vom Cover, für das sie Jean-Baptiste Mondino ins rechte Licht rücken durfte, schaut sie trotzig über die Schulter zurück. Um dann gleich im ersten Song die Maske abzulegen: „So I keep my wit, my running game, my shoulders straight and chin up high. But it’s all a lie, it’s all a lie…“ Auf dem Schlachtfeld der Liebe in Zeiten von Promi-Terror und absoluter Ökonomisierung hat Zeidel nicht nur die üblichen Lügen zusammengekehrt und den süßen Stachel von „Liberty“ gespürt, sondern in der getragenen Nachlese „In Your Back“ – auch eine Stimme samt Melodien, die töten. Was im übertragenen, metaphorischen Sinn ja gern auch in eigener Sache gelten darf. „It’s All A Lie“, das vor angezerrten Gitarren in Slowmotion steht und fällt, und der ebenso unverhohlene wie kunstvoll überhöhte Velvet-Klassizismus von „Lay Your Head Down“ werden die Nico-Vergleiche wieder regnen lassen, aber sie greifen natürlich ebenso zu kurz wie die Francoise-Hardy-Nummer. Weil sie Zeidel auf die arg limitierte Interpretin reduzieren. Dabei macht sie doch fast alles hier. Schreiben, singen, allerlei spielen, arrangieren, produzieren (mit Mixer Joe Barresi). Und weiß dabei fast immer, was sie ihren Songs zumuten kann oder muss. „Where No Endings End“, im Kern eine verlorene Folk-Etüde um Klavier, Akustik-Gitarre, Flöten, platziert eine stoische Twang-Gitarre vor Streicher-Aufschwüngen. In „It Aint No Crime“ wuchern schwere Riffs und Donner-Drums hinter ihrerverfremdeten Stimme. „Don’t say nothin'“, flüstert Keren Ann durch den Vocoder, „I’ll speak for two. I’ll do the lying, you just walk through.“ Am Ende aber rettet sie sich einfach mal sprachlos ins Ziel. Was soll uns das angepappte Instrumental „Caspia“ sagen? Vielleicht, dass auch Zeidel manchmal nicht an einer Verlegenheitslösung vorbeikommt.