Kid Rock – Cocky :: Eastwest
nter den Proleten ist der Halb-‚ gebildete König. Und Kid Rock kennt sich gut aus, zumindest in der jüngeren Musikgeschichte seines Landes. Robert James Ritchie ist mit Leib und Seele Amerikaner, und wann ließe sich Patriotismus besser ausleben als dieser Tage? Im Video zur neuen Single „Forever“ weht also permanent die US-Flagge, wenn nicht gerade leichtbekleidete Mädchen, DJ Unde Kracker oder Freundin Pam Anderson in den Bildmittelpunkt gerückt werden. Das Album “ Cocky“ ist nicht minder amerikanisch. Es beginnt mit der „Trucker Anthem“, die – nur leicht verkürzt dargestellt – davon handelt, dass Kid Rock immer noch der Coolste ist, Kracker kein Popper und jeder ein Arschloch, der etwas anderes behauptet. Die Musik: der gewohnte Rap-Metal-Mix. Danach kommt „Forever“: ,J make punk rock and I mix it with the hiphop/ 1 get you higher than a tree top.“ Tatsächlich sind die Schüttelreime oft eingebettet in Southern Rock, Blues Rock, Hardrock. HipHop findet eher am Rande statt. Im Titelsong versucht es Kid Rock mit Selbstironie – oder vielleicht doch nicht „Got more money than Matchbox 20/ Get more ass than Mark Mc-Grath/ They say I’m cocky and I say what?/ It ain’t braggin‘ mothernicker if ya back it up.“ Und, so die schlüssige Beweisführung des Detroiters, Millionen von Fans können nicht irren. Es ist ja kein Wunder, dass der selbsternannte „American Badass“ so viel Erfolg hat. Bei ihm gibt es von allem etwas, für jeden Hörer ein Stückchen. Kid Rock klingt nicht so hibbelig wie Fred Durst, Der Rüpel-Darsteller Kid Rock ist unter den Eingebildeten der König tonträgeraber genauso selbstbewusst. Anders als die meisten Nu-Metaller sucht er oft den Soul, findet aber meistens doch nur groovige Melodien, unterbrochen von ein bisschen Nachdenklichkeit. „What I Learned Out On The Road“ ist so ein unentschlossener Song – mit einem schönen Chorus, bluesigen Strophen und leider völlig uninspirierten Raps. So ganz weg vom Proletenkönig-Image wagt er eben sich noch nicht. Dasselbe bei „Lonely Road Of Faith“: Lagerfeuer-Beginn, fast Folk, viele „Whooo-hoooos“ – und dann doch wieder nur Radau. „Midnight Train To Memphis“? Dito. Auf „You Never Met A Motherfucker Quite Like Me“ sampelt Rock gar Lynyrd Skynyrds JFreebird“ – und lässt seine Karriere schon mal Revue passieren: „Tve been on the cover of the Rolling Stone/ 1 met the president when I was half stoned“, schließlich: „Went from small time philly to big time Bobby/ From 3 day old chili to saki with mosabi.“ Oder war es doch Wasabi? Ein Yuppie wird er wohl niemals werden. Am ehrlichsten und fast rührend wehleidig klingt Rock bei „Drunk In The Morning“: „I want to spend time with my son/ But the money and die problems and the women keep me away.“ Die Schattenseiten des Ruhms, hier werden sie alle abgehandelt Und doch hört sich der Mann verdammt (selbst-)zufrieden an. Das Unverschämteste aber ist: Man kann ihm gar nicht böse sein deshalb, weil man ihn verstehen kann: Geld, Ruhm, Pam – da kann es schon passieren, dass man das Grinsen nur schwer aus dem Gesicht kriegt. Robert Ritchie hatte sich vor ein paar Jahren wahrscheinlich auf ein Leben mit Mcjobs, Mikrowellenfraß vorm Fernseher und Wochenend-Trinkgelagen eingestellt, und jetzt das. Wer möchte es ihm verübeln, dass er es lieber Radiohead überlässt, das Rad neu zu erfinden, wie er in „Lay On Me“ selbst zugibt? Den badboyboogie spielt dafür keiner so überzeugend wie er. Am Ende widmet Kid Rock sein Album „everyone who has walked that lonely road of faith, love, peace and war“. Auch da konnte er sich offenbar nicht recht entscheiden. Und nahm gleich alles. Birgit fuss