Kirsty MacColl – Tropical Brainstorm

Das Britpop-Golden-Girl unternimmt einen ironischen Kuba-Ausflug.

Man kennt es vor allem für drei Dinge – das Golden Girl des Britpop. Für seine Coverversion von Billy Braggs „New England“, seine Ehe mit Pathos-Produzent Steve Lillywhite und für seine Duettstimme auf „Fairytale Of New York“, dem Adventssong der Pogues. Und dann war da außerdem noch Kirstys erster Hit, der hieß so: „There’s A Guy Works Down The Chip Chop Swears He’s Elvis“.

Die Fassaden haben sich geändert. Die Frittenbude ist abgerissen, dafür eröffnete an gleicher Stelle eine Filiale von Taco Bell. Nun heisst es: „There’s An Hombre Down The Taco Bell Swears He’s Victor Jara“. Bedeutet: Kirsty MacColl hat die Regenwolken Englands eingetauscht – gegen die Sonnenstrahlen Süd- und Mittelamerikas. Die Trennung von Ehemann Lillywhite brachte eine musikalische Umorientierung mit sich; statt Johnny-Marr-Gitarrensoli gibt es auf dem ersten Album seit sechs Jahren ziemlich überraschend überwiegend Salsa- und Latin-Rhythmen. Was anderen allerdings bierernstes Anliegen und künstlerische Verpflichtung (siehe David Byrne), ist für Kirsty nur ein riesengroßer Spaß – was sich denn auch auf den Hörer überträgt.

Stets erkennt man ein Augenzwinkern, stets hat man das Gefühl, sie erzähle gleich einen Witz über Ricky Martin. Stand up comedy in der Cocktailbar ! Auch wenn sich das Studio auf brasilianischem Boden befand: Kirsty trällert nicht von südamerikanischen oder kubanischen Tavernen, in denen Ben Becker Musiker für seine Bar in Berlin castet sondern von Pubs in Belsize Park (Nord-London). In denen flimmert dann die Fußball-WM im Hintergrund: „Now it’s England 2 Colombia 0 and I know just how those Colombians feel…“ Das Ganze im „Windmills Of Your Mind“-Feeling. Cybersex (wie in „Here Comes That Man Again“) ist auch eher kein typisch lateinamerikanisches Sujet.

Die Musiker (dabei u.a. Dave Ruffy, Ex-Ruts und ehemaliger Weggefährte von Edwyn Collins) hatten, so sagen sie, bis vor kurzem auch keinen Schimmer von lateinamerikanischer Musik – die Liste der Samples im Booklet ist länger als die der Danksagungen. Trotz Pina Colada im Pintglas: Hier wird vorzugsweise der Britpopper bedient und nicht der Buena Vista Social Clubber. Die besten Momente sind immer noch die, wo Kirsty sich englisch balladesk gibt, so wie man sie kennt („Autumngirlsoup“, „Wrong Again“).

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