Klaus Theweleit (Hg.) :: How Does It Feel

Bobtheoretiker

Zu Bob Dylans 70. Geburtstag Ende Mai wird es wieder viele Gratulanten geben und wenig, was bisher noch nicht über den Songwriter, Dichter, Bilderstürmer, Mann der 1.000 Stimmen etc. gesagt oder geschrieben wurde. Gerade hierzulande hat man in den vergangenen Jahren das Gefühl, sogenannte Popkulturtheoretiker beschäftigten sich mit nichts anderem mehr als mit der Exegese des Dylanschen Werkes. Klaus Theweleit hat nun einen Sammelband der „schönsten Texte über sein Leben und Schaffen“ (Klappentext) zusammengestellt und auch unbescheiden einige seiner eigenen assoziationsreichen Essays inkludiert. Ist aber natürlich eh ein bisschen geflunkert – die schönsten, wenn auch auf den ersten Blick nicht erhellensten Texte hat Dylan mit „Chronicles“, vor allem aber in seinen Interviews Mitte der 60er-Jahre selbst geliefert.

Nichtsdestotrotz bietet die Sammlung viel Lesenswertes. Zum Beispiel einen von Dylans Rückzug nach dem legendären Motorradunfall 1966 inspirierten Auszug aus Don DeLillos Roman „Great Jones Street“ und Berichte aus erster Hand von der kürzlich verstorbenen Dylan-Freundin Suze Rotolo (aus ihren Erinnerungen „A Freewheelin‘ Time“), dem Jazzkritiker Nat Hentoff (von den Aufnahmen zu „Another Side Of Bob Dylan„) und dem Schriftsteller/Schauspieler Sam Shepard (aus seinem „Rolling Thunder Logbook“). Greil Marcus und Sean Wilentz arbeiten sich ein wenig vorhersehbar an der großen amerikanischen Erzählung ab, Richard Klein widmet sich der Dylanschen Stimme(n), Heinrich Detering befasst sich mit der „Theme Time Radio Hour“ (gerne hätte man hier auch seinen brillanten Vortrag über Dylans Born-Again-Phase gelesen), Diederich Diederichsen zeigt den Songwriter als Meister aller Medienformate und macht ihn zum eigentlichen Autor von Pennebakers „Don’t Look Back“, was angesichts der vor einigen Jahren veröffentlichten B-Roll und Dylans Reaktion auf den Film eher unwahrscheinlich erscheint. Klaus Theweleit will in dem gefälligen „Nashville Skyline“-Track „I Threw It All Away“ eine „Feier der Verschwendung und Verausgabung“ erkannt haben und zieht Parallelen zu Eric Burdons „Good Times“. Aber das ist auch das Interessante und Sympathische an dieser Sammlung: dass selbst hinter dem akademischen Duktus mancher Autoren immer die Bewunderung und die teilweise nostalgisch verklärte eigene musikalische Sozialisation hervorlugen. Schließlich heißt die Sammlung ja „How Does It FEEL“. (ROWOHLT, 19,95 Euro)

von Gerald Scarfe

Album, Zeichnungen, Texte, Film, all das wurde so oft und – natürlich! – sogar in der Schule analysiert, und doch versteht man „The Wall“ nur, wenn man eben nicht jedes Teilchen mikroskopiert, sondern sich einfach darin vergräbt. Notorisch Neugierige, die doch mehr über die Entstehungsgeschichte wissen wollen, können mit Scarfes Werk glücklich werden: Der maßgeblich beteiligte Trickfilmzeichner sprach noch mal mit allen Bandmitgliedern und Regisseur Alan Parker, legt aber vor allem viele Fotos und Entwürfe vor – faszinierend, aber eben auch (noch mehr) entzaubernd. (edel, 29,95 Euro)

von Kevin Cummins

Kevin Cummins war ein aufstrebender Fotograf für den „NME“, als er Ende der 70er-Jahre das Bild von Joy Division und Manchester – eher durch Zufall – prägte. Er hatte wenig Zeit für die Aufnahmen und nur zwei Filmrollen, aber ihm gelangen die ikonografischen Fotos, auf denen Ian Curtis und seine Kollegen die Straße entlanggehen, aus dem Nichts ins Nichts. In dem großformatigen Bildband gibt es aber auch viele eher gewöhnliche Live-Shots und ein paar schön in Szene gesetzte Memorabilien. Die urbanen Aufnahmen bleiben mit Abstand die faszinierendsten – reine Depression, grau in grau. (Edel, 29,95 Euro)

von Martin Roac*

Chris Martin wusste lang, bevor er Gwyneth Paltrow traf, wie man Ärger mit Journalisten vermeidet: möglichst viele Scherze machen, aber bloß nicht zu persönlich werden. Eine Coldplay-Biografie zu schreiben, kann deshalb kein Spaß sein: Die anderen drei sind uninteressant, und der Sänger gibt nichts preis. Unter diesen Voraussetzungen hat Roach ein überraschend interessantes Buch über eine spektakulär unspektakuläre Erfolgsgeschichte geschrieben. (omnibus, ca. 19 euro)

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