Kooper, Bloomfield, Stills – Super Session :: Sony

Die Folgen waren furchtbar. Gegen Ende der 60er Jahre kamen diverse Rockmusiker zu der Überzeugung, dass erst Jam-Sessions und Super-Sessions wahre Größe beweisen würden. Diese Form wechselseitiger musikalischer Masturbation ruinierte damals fast komplett die Karriere einer der allergrößten amerikanischen Rockbands. (Oder hat irgendwer außer den Beteiligten jemals vom zweiten Moby Grape-Album die dritte und vierte „Grape Jam“ betitelte LP-Seite von Anfang bis Ende gehört?) Nur einmal funktionierte das Konzept wirklich, nämlich an jenem Tag im Mai 1968, als Mike Bloomfield ausnahmsweise mal keinerlei andere Verpflichtungen hatte und sein alter Kumpel Al Kooper ihn ins Studio bat, um dort mit ihm binnen acht Stunden fünf Blues-Nummern einzuspielen. Live natürlich, bis alles passte. Seit „Highway 61 Revisited“-Tagen ein bestens harmonierendes Team, verstanden sich die beiden miteinander und mit Harvey Brooks (der den Bass zupfte), Eddie HOH (am Schlagzeug) und Barry Goldberg (am E-Piano) traumwandlerisch sicher. Als Spiritus rector der Butterfield Blues Band hatte Bloomfield gegen die wertkonservativen Vorstellungen seines Chef eine weitaus aggressivere Variante von Blues musiziert. Während dieser spontan improvisierten Sitzungen sah er alles etwas gelassener und war vielleicht erstmals gänzlich bei sich selber. Kooper diktierte nicht den Gang der musikalischen Dinge, er fungierte mehr als Geburtshelfer (wie vorher bereits bei Blood, Sweat & Tears, später bei Lynyrd Skynyrd und anderen) und stellte Bloomfield als den Star heraus.

Historisch gesehen war „His Holy Modal Majesty“ in der Wirkungsgeschichte fast noch wichtiger als seine „East-West'“-Suite beim zweiten BBB-Album. Denn wider alle Erwarten und Wahrscheinlichkeit wurde „Super Session ein Millionenseller. Was wiederum Bloomfield wahnsinnig ärgerte, weil er der Überzeugung war, weit bessere Aufnahmen gemacht zu haben, die das eher verdient hätten. Weil der Gitarrist für den nächsten Tag schon fest verplant war, Kooper bei Columbia aber unmöglich knapp 30 Minuten Musik für eine LP abliefern konnte, bat er den nach Buffalo Springfield und vor Crosby, Stills & Nash zwischenzeitlich arbeitslosen Stephen Stills ins Studio, um das Projekt diesmal mit Cover-Versionen von Dylan, Donovan und Harvey Brooks – zu einem guten Ende zu bringen. „It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry“ verpasste er ein etwas country-rockiges Arrangement, während „Season Of The Witch“ entschieden weniger Psychedelik-Trip war denn eine Rhythm & Blues-tour de force. Das stark psychedelisch angehauchte, zum LSD-Blues umfunktionierte „You Don’t Love Me“ ist das einzige eher schwache Stück der LP.

Von Kooper komplett neu abgemischt, nämlich jetzt ohne die Bläser-Overdubs und die Instrumente anders im Stereo-Spektrum verteilt, rückt dieser Bonus-Track von „Albert’s Shuffle“ Bloomfields Spiel in jeder Hinsicht noch mehr und verdientermaßen ins Zentrum, und die elf Minuten Remix von „Season Of The Witch“ klingen schlicht besser. „Blues For Nothing“ ist dieselbe Zugabe wie auf der goldbedampften „Mastersound“-Edition vor Jahren (Bloomfield ganz groß, mehr wie Freddie denn Albert King klingend), und als Vorgeschmack auf Koopers und Bloomfields „Filltnore East: The Lost Cbncert Tapes

’68“ gibt’s zum Schluss einen unveröffentlichten Mitschnitt aus dem Fillmore in San Francisco.

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