Korn :: Untouchables
Ausgedachtes und manieriertes Gebolze von den Wutköpfen.
Natürlich haben Korn gleich wieder Zilliarden von ihrem neuen Album verkauft. Natürlich wollten alle wissen, worüber Jonathan Davis diesmal wütend ist, warum all das Prozac nichts genützt hat und welche kreativen Schimpftiraden ihm noch einfallen. Es sind leider nicht viele. “ Untouchables“ ist tatsächlich so wenig greifbar, so unnahbar, wie Korn es nie sein wollten. Die Band für die kleinen Nerds, für die verzweifelten Schulversager? Von wegen, schon lange nicht mehr. „Untouchables“, das bedeutet: Korn goes Guns N‘ Roses. Leider in die Richtung, die Axl am Ende der Erfolgszeit eingeschlagen hatte: größer, fetter, wichtiger. Das Einzige, was fehlt, ist die Realität.
Dabei sind die Songs wieder einmal so dynamisch und perfekt inszeniert, dass man sich ihnen kaum entziehen kann. Michael Beinhorn hat sie fast zu glatt produziert und nur die kleinen Schönheitsfehler drangelassen, die einem suggerieren sollen, dass hier eine Band von der Straße rockt. Es ist Davis selbst, der Korn über die bloße Wutentladung hinaushebt – und sie gleichzeitig ihrer früheren Anziehungskraft beraubt. Hier ist nichts mehr schmutzig oder gemein, sondern alles bloß noch „erfolgsorientiert“, wie Netzer sagen würde. Kalt bis ins Herz, wenn überhaupt mal eins zu hören ist.
Davis kann jetzt singen („Alone I Break“), er nimmt den Druck seiner Musiker zwischendurch immer wieder zurück und versucht sich am Langsameren, Melodiöseren -Mainstream, wir kommen! Marilyn Manson, aufgepasst: Was du kannst, können wir auch. Hallo, MTV. Willkommen im Stadion.
Aber das wollen wir doch nicht von Korn. Da soll es krachen, da muss geschrien werden und gespuckt, und bloß ein paarmal JHate“ im Titel ist zu wenig. Das alles wirkt ausgedacht, manieriert wie die blankgeputzten Gitarrengewitter. In der Villa sitzen und Wut spielen, so klingen Korn heute – und man kann es ihnen nicht einmal übernehmen. Das Prozac hat wohl doch gewirkt, Jonathan Davis will es nur nicht wahrhaben.