Kritik „A Quiet Place 2“: Zu viel Creature Feature

„A Quiet Place“ war 2018 ein Überraschungserfolg, ein neuartiger Monsterfilm. Die Fortsetzung vertraut zu sehr auf die einschüchternde Präsenz der hörempfindlichen Kreaturen.

Die Rezension enthält Spoiler.

„A Quiet Place 2“ ist ein Horrorfilm, fangen wir also mit den Monstern an. So richtig Sinn ergeben die Monster nicht. Erstens, sie sind blutrünstig, aber sie scheinen kein Interesse an den Menschen zu haben. Sie fressen sie nicht. Leichen verrotten auf den Straßen. Es sieht es immer so aus, als räumen sie die Menschen nur zur Seite, als stünden sie im Weg. Wollen die Biester die Erde etwa einfach nur vom Homo Sapiens befreien?

Zweitens, es wird nun angedeutet, dass sie per Komet oder gar einem Raumschiff auf die Erde gekommen sind. Das ergibt noch weniger Sinn. Denn intelligent sind diese Außerirdischen nicht, die überdimensionierten Heuschrecken erscheinen rein triebgesteuert. Sie sind eine Plage.

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Mit „A Quiet Place“ erzählte Regisseur John Krasinski 2018 eine Horrorgeschichte, wie es sie vielleicht noch nicht gab. Schreckliche Kreaturen wandeln auf der Erde, sie sind blind, aber haben ein derart ausgeprägtes Gehör, dass sie jedes nur greifbare Lebewesen töten, sobald es einen Mucks macht. Krasinskis Brillanz bestand in der Schilderung eines Survivalism, den sich kein Prepper besser hätte ausdenken können. Wie schafft man es unbemerkt zu bleiben und Alarmsysteme zu errichten? Laufen auf Sand, das Feuerwerk als Ablenkungssystem für die Bestien, das selbst konstruierte Beatmungsgerät für schreiende Babys, Urschrei-Übungen der Erwachsenen um den Stress abzubauen, hinter einem Wasserfall, der alles übertönt – viele clevere Ideen, gut umgesetzt.

Derart plumpe Jäger hat die Natur eigentlich nicht vorgesehen

Die Abbott-Familie richtete sich erfolgreich in der Apokalypse ein. Nur Fallensteller und Naturkünstler überleben. „A Quiet Place“ war über einen Zeitraum von mehr als einer Stunde seiner 90 Minuten Spieldauer herausragend, weil er eben solche beeindruckenden Konzepte vorstellte. Erst als die Monster sichtbar wurden, entwickelte sich „A Quiet Place“ zu einem schwächeren Creature Feature mit dem typischen Makel von im Computer erschaffenen Wesen: sie sind irgendwie zu gelenkig, gleichzeitig aber auch zu tapsig. Derart plumpe Jäger hat die Natur eigentlich nicht vorgesehen, aber vielleicht ja doch, in Alpha Centauri.

Mit seiner Fortsetzung macht Krasinski zwei weitere Fehler. Erstens, er fühlt sich anscheinend verpflichtet, nun die Mythologie der  Geschöpfe zu beleuchten, dabei ist es doch gerade ihre ungeklärte Herkunft, die sie reizvoll macht. Soll Teil drei etwa ihren Heimatplaneten zeigen? Zweitens, „A Quiet Place 2“ wird recht schnell zum Action-Chase-Movie. Das Halt-Stopp-Verstecken-Jetzt aber-Rennen–Spiel ist schnell ausgereizt.

Jeder Überlebende braucht ein Ziel, und die Abotts und ihr neuer Helfer Emmett (Cillian Murphy in einer Rick-Grimes-Rolle als grüblerischer Witwer) sehnen sich, wie in bester Zombiefilm-Tradition, nach einer Insel. Denn die Stabheuschrecken aus dem All können, wie die Untoten, nicht schwimmen.

Logiklöcher auch hier. Die idyllisch ihr Barbecue zubereitenden Insulaner verschicken über den Äther eine Einladung an jeden, sie zu besuchen. Dass dann auch die Falschen kommen könnten, Rednecks mit Lust auf Plünderung und Gewalt, ist ihnen anscheinend nicht in den Sinn gekommen. Eine Bande Lumpensäcke, die auf dem gegenüberliegenden Festland die Bootsanlegestelle unsicher macht, ist für Eskapismus erstaunlicherweise zu doof: vor ihnen zig funktionsfähige Boote, in Sichtweite das schöne Eiland.

Der ängstliche Abbott-Sohn Marcus (Noah Jupe) ist auch diesmal dafür zuständig, die Familie durch seine Schusseligkeiten in Bedrängnis zu bringen, ein plot device in Menschengestalt. Immerhin: Die ältere Generation gibt die Fackel weiter, Marcus und seine kompetentere Schwester Regan (Millicent Simmonds, der man einen eigenen Film wünscht) überwinden ihre Furcht und töten ihre ersten Außerirdischen. Dies ist ihr Abenteuer, „A Quiet Place 2“ ist ein Film über die Abnabelung vom Elternhaus.

Damit ist auch geklärt, dass es einen dritten „Quiet Place“ geben wird. Etwas wichtigtuerisch hatte Regisseur und Darsteller John Krasinski nach Teil eins verkündet, er könnte sich gar nicht vorstellen, wie eine Fortsetzung aussehen würde. Der Erfolg stimmte ihn schnell um, zumal das Produktionsstudio klarmachte, dass es notfalls auch ohne ihn drehen würde. Das Ende von „A Quiet Place 2“ lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Film im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Transit-Film gewesen ist.

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