Laila France – Orgonon
The madcap laughs again! Nicht, daß wir Herrn Momus völlig vergessen hätten. Aber auf dem Zettel hatten wir ihn – ehrlich gesagt – auch nicht mehr. Schande!
Der „Tender Pervert“ (so ein alter Album-Titel), dessen einziger Wegbegleiter zunächst die Gitarre war, bevor er die Knöpfe eines Computers entdeckte und sich dann wie der irre Stiefbruder der Pet Shop Boys aufführte, hat zuletzt eifrig Musik zur Zeit gehört Als da wären: Ambient, Drum’n’Bass, Loungecore, TripHop™ Die Szene-Japanerin Kahimi Karie ließ sich einige Stücke von dem ehemaligen Schützling des Hauses Creation auf den schönen Leib schreiben („Good Morning World“ gibt’s auf der Compilation „Sushi 3002“). Dann suchte der unzärtliche Cousin von Del Amitri-Stimme Justin Currie (man verkehrt nicht miteinander) per Annonce eine Sängerin, die an einem Album im „Stile eines italienischen 70er-Jahre-Soft-Pornos“ mitwirken wollte.
Laüa France, ein Bonsaibäumchen in Form eines französischen Frolleins mit thailändischen Vorfahren, das durchsichtige Regenmäntelchen trägt, hatte die gleichen Interessen, die gleichen Helden: Klaus Nomi, Francis Lai, Serge Gainsbourg, Philosoph Wilhelm Reich, Soft-Erotiker David Hamilton. Zwischen futuristischen Designersesseln und abgewetzten Puffsitzecken, zwischen Champagnerduschen und Spermanecken schufen die beiden etwas, das Leute von heute als „Trance Cocktail“ bezeichnen. Während Momus seine neuen Musik-Einflüsse in seinen Computerpark einspeicherte (manchmal wie bei „First Love Blood“ – pluckert und surrt es nur, aber das ist eben Momus), schrieb Laüa ein paar simple Texte, die aber durchaus auch von ihrem Meister Nick Currie persönlich sein könnten – schließlich besang dieser bereits „Sex For The Disabled“. Gebrauchte Unterwäsche von japanischen Lollipop-Konsumentinnen, das Blut des ersten Males – man ahnt, worum es in erster Linie geht „Mr. David Hamilton is photographing me“ – da kann ein Song namens JBüitis“ auch nicht weit sein. Wenn’s in Paris zu trübe ist, fliegt man mit den „Trance Cocktail Airlines“ nach Bangkok! „And now Fm on a trip that will never stop“, wispert das winzige Supergirl des 21. Jahrhunderts (vielleicht ist sie ja auch nur ein Tamagotchi?), und aus dem Hintergrund tönt es: „Oh, progressive rock!“ Die Texte sind so dermaßen einfach gehalten („stop“ reimt sich auf „pop“), daß man darüber schmunzeln muß – wie gewiß auch Momus und Laüa. Momus hat ein paar eigene Zeile beigesteuert: „Maurice Chevalier und Jean Paul Gaultier are pink» I want to be pink. Banish die black, burn the blue and bury the beige.“ Und Laüa? Hat ihre Tage».
Im Titelsong geht’s um die Rettung der Welt Wir müssen lediglich die Energie, die man aus Orgasmen gewinnt, in kleinen Kisten speichern. Na denn! Nicht, daß dieses Album sofort und nichts als multiple Orgasmen hervorruft. Dennoch wird es diesen Sommer der Liebe lang das eine oder andere Glücksgefiihl bescheren. 4,0