Leadsänger punkten nicht
Rivalitäten können kreative Reserven freisetzen, Eitelkeiten bedienen, Aufmerksamkeit schaffen und das Geschäft beleben, auch und gerade im Pop. Das Gefühl, als Fan der einen Band jenen der konkurrierenden überlegen zu sein, ist kein übles, verflüchtigt sich indes mählich im Prozess des Erwachsenwerdens, zusammen mit der Libido und Lust am Krawall. Sean Manning, Herausgeber von „Rock And Roll Cage Match“, bestreitet das nicht, vermisst jedoch das konfrontative Element von Schulhofdiskussionen. Und hat es für diese Aufsatzsammlung reaktiviert. „Music’s Greatest Rivalries. Decided“ prahlt er im Untertitel, wagt sich aber nicht an die ultimative, millionenfach identitätsstiftende Rivalität, weil es beim Aufeinanderprallen der Antipoden Beatles und Stones weder Sieger noch Verlierer gegeben habe, es hätten vielmehr alle gewonnen, nicht zuletzt die Musik selbst. Und so lässt Manning seine Autoren, Musikkritiker hauptsächlich, aber auch Künstler und Komiker, geringere Fehden ausfechten und entscheiden. Auf höchst unterschiedlichem Niveau, selten erhellend, oft bemüht und meist ähnlich unterhaltsam wie „Celebrity Death Match“ auf MTV. Besonders dröge gestalten sich die Fights Elton John vs. Billy Joel, Nirvana vs. Metallica, Britney vs. Christina oder Prince vs. Michael Jackson. Einige Kämpfe enden quasi remis, so Lennon vs. McCartney, andere warten mit unerwarteten Siegern auf. Russ Meneve erklärt Bon Jovi zum Triumphator über Bruce Springsteen, Melissa Maerz kommentiert Marilyn Mansons Vorzüge gegenüber Trent Reznor, und Marc Spitz kommt zur vielsagenden Einsicht: „If the Smiths are its James Dean, the Cure are the Marion Brando of modern rock“. Die Bee Gees treten gegen Abba an. Phil Collins gegen Sting, das Album gegen die Single. Richard Heils Urteil zur Paarung Velvets vs. Stones gipfelt in der Kritik des „front man“ als solchem: „The lead singer is a cunt. When a person needs to have that… godlike power enabling him to confer a feeling of immortality to his audience… that driven self-certainty will make him a creep“. (Crown, ca. 16 Euro)