Leon Thomas- Spirits Known And Unknown

Wäre John Coltrane ein Sänger gewesen, er hätte das Publikum nicht mehr aufrütteln können als Leon Thomas 1970 auf den Berliner Jazztagen mit seinen an afrikanisches Jodeln erinnernden Scat-Ausbrüchen und pathetischen Kampfansagen gegen den Vietnamkrieg. Als ginge es um nichts Geringeres als um die Rettung der Menschheit durch die beschwörende Kraft seiner Baritonstimme, stürzte sich der athletische Schwarze aus East St Louis in modale Hymnen und Afro-Versionen von Jazzstandards wie „Straight No Chaser“.

Trotzdem ist „Spirits Known And Unknown “ als Wiederveröffentlichung noch ergiebiger als „Leon Thomas In Berlin“. Nicht wegen der Bonustracks: zum Berlin-Gig eine amateurhaft aufgenommene Version von „Ain’t Going To Vietnam“, bei den „Spirits“ vier bislang unveröffentlichte Bigbandnummern von 1958 in je zwei Versionen, die immerhin ahnen lassen, dass Leon dereinst die Grenzen des Jazzgesangs ä la Joe Williams gründlich sprengen würde. „Spirits“ vereint Klassiker wie das soulnahe „The Creator Has A Master Plan“, die explosive Scatnummer „One“, eine schlicht ultimative Version von Horace Silvers „Song For My Father“, „Damn Nam“ mit kühner Doppelbesetzung am Kontrabass (Cecil Bee, Richard Davis), die sich zu überwältigendem Freejazz steigernde Hymne „Malcolm’s Gone“ von und mit Pharoah Sanders, „Let The Rain Fall On Me“ als entspannten Balladen-Kontrast und eine anarchische „Night In Tunisia“, während der Leon Thomas noch einmal drauflosjodelt, dass es eine reine Freude ist.

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