Linda Thompson – Versatile Heart :: Ein schönes Versprechen zwischen britischem Folk und Countryeskem

Das war ein rührender Moment, als Linda Thompson mit Sohn Teddy, Tochter Kamila und Ex-Mann Richard 17 jähre nach ihrer bis dahin einzigen Soloplatte ihr wundervolles Comeback „Fashionahly Late“ eröffnete. Die unvergleichliche Stimme trotz der Sprechkrämpfe, die ihrer Karriere einst ein Ende machten, so schön und traurig wie einst.

Fünf Jahre sind seitdem vergangen, und für ihr neues Album setzt Linda Thompson wieder auf den erweiterten Familienkreis. Teddy schrieb an fünf der sieben Kompositionen seiner Mutter mit, hat coproduziert und spielt Gitarre. Die weiteren Musiker sind mit Bedacht gewählt. Keimen die Stücke im britischem Folk, begleiten etwa Eliza und Martin Carthy, John Doyle oder John Kirkpatrick, die countryesken Stücke werden unter anderem von David Mansfield und Ex-Dylan-Gitarrist Larry Campbell sachkundig begleitet.

Man muss kein Kardiologe sein, um zu hören, aut welcher Seite des Atlantiks Linda Thompsons Herz schlägt. Sie hat sich zwar (viel zu) selten an Traditionais versucht, aber am innigsten geraten auf „Versatile Heart“ die an alte englische Balladen erinnernden Stücke, wie sie in den Siebzigern ihr Ehemann Richard für sie schrieb: „The Way I Love You“ mit Harmonien von Martha Wainwright, das Traditional „Katy Cruel“. der Brief aus der Schlacht „Day After Tomorrow“ vom letzten Tom-Waits-Album, die Reminiszenz an einen verstorbenen Freund, „Whiskey, Bob Copper And Me“. und „Blue & Gold“, geschrieben nach einer Idee von Richard Thompson.

Schade, dass dieser – wie Linda Thompson im Begleittext schreibt – „wenig bekannte, aber extrem brauchbare Gitarrist“ aut „Versatile Heart“ nicht zu hören ist. Dem launigen „Do Your Best For Rock’n’Roll“ wäre sein flinker Witz bestimmt besser bekommen als der bemühte Twang, den David Mansfield hier einbaut. „You can play any part with a versatile heart“, singt Thompson im Titelstück. Daspricht es nur tür ihren Charakter, dass sie sich in die amerikanische Songtradition nicht ganz so tief versenken kann wie in die britische. „Give Me A Sad Song“ aus der Zusammenarbeit mit dem „songbird from Kentucky“ Betsy Cook Mitte der Achtziger etwa ist nicht mehr als eine gelungene Stilübung, und Kamila Thompsons „Nice Cars“ ein Leichtgewicht mit psychedelischer B-Movie-Orgel und charmanten Mutter-Tochter-Harmonien. „Beauty“, das betörendste transatlantische Bündnis auf „Versatile Heart“, hat Rufus Wainwright, der sich ja schon in seinem „Nobody’s Off The Hook“ an einen der Thompson-Sprösslinge wandte, über Lindas älteste Tochter geschrieben. Ein typischer Wainwright. Verschwenderisch an Geist, Melodie und Emotion – und wenn der Gestus zu dramatisch wird fürs Folk-Understatement, setzt Antonys Harmoniegesang ein. „Ah. beauty, now that the walls of Troy are tumbling down/ And poor Oscar Wilde’s verdict is out/And the Hope Diamond’s up for action/ And what about Michael Jackson?/ And I’m smokin‘ again in the morning, looking at beauty.“

Und wenn wir auf diesem Album etwas über Schönheit lernen, dann, dass sie relativ ist. Als Nachfolger des fast makellosen „Fashionably Late“ ist „Versatile Heart“ eine kleine Enttäuschung, als Zeichen einer wieder aufgenommenen Solokarriere ein hübsches Versprechen.

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