Lindsey Buckingham – Under The Skin

Es wird einem ein bisschen bange, wenn man dem neuen Solowerk von Lindsey Buckingham, übrigens dem ersten seit 14 Jahren, zuhört. Etwas seltsam Zerrissenes spukt in diesen elf über viele Jahre zusammengesammelten Liedern. Sicher ist man den Schauer des latenten Wahnsinns von Fleetwood Mac gewöhnt, doch hier, allein in der kleinen Kammer mit Buckingham, wird das Getriebene, das diesen Mann zumindest zum Teil ausmacht, noch greifbarer.

Dabei spricht Buckingham von glücklichen Umständen. Die Reunion-Platten und -Tourneen mit den alten Kolleg(inn)en seien die besten der Band-Geschichte gewesen, die Fortsetzung sei in Planung. Zudem ist Buckingham seit seiner Heirat vor sechs Jahren dreimal Vater geworden, auch gut. Nichtsdestotrotz singt der 58-Jährige auf „Under The Skin“ von verpassten Chancen, unerfüllten Visionen und einem schlimmen inneren Drängen. Geradeheraus autobiografisch und lyrisch unverstellt, lässt er die Rollen als Vater, Legende und unvollendetem Solokünstler aufblitzen.

Verführerisch ist dieser Zwitter aus innerer Spannung und musikalischer Schönheit, zugegeben. Buckingham hat fast ausschließlich zur akustischen Gitarre gesungen, meist mit seltsam hoher, geflüsterter Stimme, und das Ganze dann in Hotelzimmern aufgenommen. Erst hinterher kamen ein bisschen Perkussion, Streicher-Arrangements sowie sehr große, ätherisch wabernde Hallräume dazu, die das Fremdelnde der jeweiligen Songs noch verstärken.

Hat man sich an das grundsätzliche Unbehagen gewöhnt, fallen einem schöne Lieder auf, etwa „Show You How“, das traumartige Titellied und die beachtliche Umarbeitung des Jagger/Richards-Songs „I Am Waiting“; auch die Gitarren auf „Shut Us Down“ sind in ihrem gekonnten Folk-Klassizisimus beeindruckend. Nennen muss man zudem „Down On Rodeo“ und „Someone’s Gotta Change Your Mind“, seltsam eigenwillige Skizzen, die unter der Mithilfe von Mick Fleetwood und John McVie entstanden. Das sind immerhin sechs gelobte Lieder, doch es bleibt auch der seltsame Eindruck einer Platte mit einigen zu ungefähren Kompositionen, einer etwas unglücklich eingesetzten Stimme – und jenem manischen Strom der Gefühle, dem man nur begrenzt folgen möchte. Schon gar nicht unter die Haut des Künstlers.

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