LOLA RENNT von Tom Tykwer :: ab 20. August

„Wo warst du? Du bist doch sonst immer pünktlich“, brüllt Manni, der irgendwo in Berlin in einer Telefonzelle steht Man habe ihre Vespa gestohlen, erklärt Lola. Warum er überhaupt so aufgeregt sei? Er habe die Plastiktüte mit dem Geld, das er beim Autoschieber Ronnie abliefern sollte, verloren. In der U-Bahn, als Kontrolleure auftauchten. Da war so ein Penner, der wird sie mitgenommen haben. „Ronnie bringt mich um, Lola. Jetzt stehste da, von wegen ‚Liebe kann alles‘. Aber nicht in 20 Minuten 100 000 Mark herzaubern!“ Er will den Supermarkt auf der anderen Straßenseite überfallen. „Hast du’n Knall?“, schreit Lola. „Du machst gar nichts. Bleib da, ich komm‘ jetzt und helf dir.“ Während sie überlegt, wer wiederum ihr helfen könnte, umkreist die Kamera immer schneller ihren Kopf, und ihre Gedanken visualisieren sich wie beim Daumenkino.

Und dann rennt Lola los.

Tom Tykwer hatte sich immer reichlich Zeit genommen für seine artifiziellen, absonderlichen Dramen, die etwas langweilten, jedoch in Bild und Inhalt kongenial durchkonstruiert waren. Pedantisch bis fast zum Stillstand entwarfer in „Die tödliche Maria“ die Liebe einer phlegmatischen Frau zu ihrem neurotischen Nachbarn, und in „Winterschläfer“ verzahnte er die erstarrten Schicksale mehrerer Menschen zu einem erschütternden Kreislauf. „Lola rennt“ ist der rhythmische Gegenentwurf, dessen 80minütiger, minimalistischer Plot aber konsequent frühere Elemente komprimiert Tykwers Kurzfilm „Epilog“, in dem er für die Problemlösung eines Ehepaares drei Abläufe variiert hat, ist hier als Vorstudie erkennbar. Lola (Franka Potente) rennt zu ihrem vermögenden Vater, einem Bankdirektor, der im Büro gerade mit seiner Geliebten über die Möglichkeiten einer gemeinsamen Zukunft diskutiert Auf ihrer Strecke hastet Lola an mehreren Leuten vorbei, deren Leben daraufhin als Fotomontage in Sekunden vorüberzieht. Natürlich erhält sie das Geld vom Vater nicht. Dreimal rennt sie los, jedesmal weicht sie willentlich oder zufällig etwas ab und beeinflußt so bei jeder Begegnung mit, für wen es ein Freudenstag ist oder ewiges Pech, Lola gestriffen zu haben. Zweimal endet ihr Weg im Tod. Dann liegt sie neben Manni (Moritz Bleibtreu) im Bett, reden sie über die Liebe und das Sterben. Ein Ruhepol, der Leben atmet.

Seine symbolischen short cuts bringt Tykwer mit allerlei Motiven und auch Manierismen des Kinos zum Laufen: Zeilupe und Zeitraffer, Rückblenden, Speed-Zoom und screen Splitting. Tarantino und „Trainspotting“ sind dabei und eine Uhr wie in „12 Uhr mittags“, während ein konstant treibender Elektro-Beat pocht Eine Hymne an die Lebenslust, die mit Komik und schlichter Leidenschaft alle Definitionen von Glück fokussiert – auch wenn letztlich alles wie am Lauf einer Roulettekugel zu hängen scheint.

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