Luise Pop :: Time Is A Habit
Post-Post-Post-Pop-Feminismus der Exil-Wiener um Vera Kropf
Ohne Vorwissen hätte ich nicht gemerkt, dass dies eine Art Riot-Grrrl-Platte sein soll. Aber okay, die kleine Band Luise Pop, früher Wien, jetzt Berlin, hatte schon früher ein Stück namens „Feminist Terrorists“ und eines namens „Boys“, in dessen Video ein fremder Junge der Sängerin die Gitarre wegnimmt, weil er lieber selbst spielen will. Da kann man uns noch so oft erzählen, dass 2011 mal wieder das Musikfrauen-Jahr war – allein, dass das überhaupt gesagt wird, sagt ja alles. Und dass man bei Luise Pop (drei Mädchen, ein Junge) das Thema erst checkt, wenn man schon mittendrin ist, spricht für sie.
Eine Chefin gibt es trotzdem: die bubiköpfige Vera Kropf, eine bittere Audrey Hepburn, deren Eispinguin-Charisma entscheidend dafür sorgt, dass dieser Trio-Rock mit Neunziger-College-Gitarren am Ende mehr ist als das, was auf dem Papier steht. Auch wenn das vielleicht abschreckend klingt, die Stimme erinnert an Nena, die zur Abwechslung mal vernünftige Songs singt, mit Zeilen wie „I was born and raised in desperate times“, „Last night I fought the devil“, „Never trust a pretty boy“. Erst neckisch, dann streng, sodass man der Luise nie wirklich trauen kann, nie weiß, ob sie das jetzt theoretisch oder fleischlich meint. Wie das Mädchen im neuen Eugenides-Buch, hin- und hergerissen zwischen Romantik und Diskurs.
Bald kommen Doctorella, die neue Band der Grether-Schwestern, und das tolle Hamburger Trio Die Heiterkeit – Post-Post-Post-Pop-Feminismus, das schadet uns 2012 sicher nicht. (Siluh/Alive) Joachim Hentschel
Beste Songs: „Black Cat“, „Speedboat“