Lysandre :: Das Solodebüt des Girls-Sänger/Songwriters ist schaurig schön

Mit seinem Duo Girls hat Christopher Owens 2011 auf „Father, Son, Holy Ghost“ alles Schöne und Schaurige, Kunstvolle und Kitschige der Siebziger wieder aufleben lassen: Elvis Costello und Deep Purple, Big Star und Pink Floyd, Simon und Garfunkel. Auf seinem ersten Soloalbum steigt er nun weiter in die Tiefen und die Untiefen dieser Dekade.

„Lysandre“ (ein Konzeptalbum!) erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der von San Francisco nach New York quer durch die USA reist und schließlich übersetzt nach Paris, wo er sich in das Mädchen verliebt, das diesem Album den Titel gab. Akustische Gitarren werden gezupft und gestreichelt, Flöten und Mellotrone tirilieren, ein Elephants-Memory- Saxofon evoziert New York, die Band spielt Prog und Calypso, Folk und Folklore. Owens gibt den Verführer mit Schmetterlingen im Bauch und süßlichem Rauch in der Lunge.

Man muss an sanfte Giganten wie John Hammond, Cat Stevens oder Gilbert O’Sullivan denken, an Soundtracks von David-Hamilton-Filmen und an „At The End Of A Perfect Day“ von Chris de Burgh. „Lysandre“ ist eine schöne, eine schaurige Platte. (Turnstile/PIAS) Maik Brüggemeyer

Karsten Riedel & Franui

Fool Of Love
HHH1/2

Grandioser Spagat: Schauspieler vertont mit Dorfband Shakespeare

Ehemaliger Punk und nun Theaterschauspieler aus Wattenscheid trifft Osttiroler Dorfband und vertont mit ihnen die Sonette William Shakespeares. Was sich ein wenig anhört wie der Plot zu einem alten Werner-Herzog-Film, ist nicht nur ein schlüssiges, sondern ein grandioses Projekt geworden, das den Spagat zwischen anglopoppigem Songwriting, Kunstlied und alpiner Musik überhaupt nicht spüren lässt.

Sänger, Gitarrist und Pianist Riedel, ausgestattet mit einem rebellisch urwüchsigen und zugleich britisch distinguierten Timbre à la Neil Hannon, legt in die Feingliedrigkeit dieser sehr persönlichen Liebesgedichte seine ganze Seele hinein. Seine zehnköpfige Begleitcombo ist die derzeit unorthodoxeste Alpen-Banda, die mit Bläsern aus Holz und Blech, Harfe, Hackbrett, Bass und Geige auch schon Lieder von Mahler, Brahms und Schubert auf ihre Folk- und Popsubstanz abgeklopft hat.

Die 16 ausgewählten Sonette erstrahlen so in einem zeitlosen Licht: Dorfkneipe trifft Cabaret in „Thus Is His Cheek“, mit „Let Me Confess“ ragt das Geschehen sogar in angerockte Mariachi-Gefilde hinein. „When Forty Winters Shall Besiege Thy Brow“ beginnt in kristalliner Drehbewegung und zieht darüber alle Register eines akustischen Popsongs, ein trunkener Walzer wird mit „These Pretty Wrongs“ angestimmt. Mal mit dem Duktus eines romantischen Vortrags („Mine Eye Hath Played The Painter“), mal mit dem eher strengen Unterton barocker Generalbasslehre („Is It For Fear“) sind auch Klassikbezüge eingebettet. 400 Jahre nach seiner Entstehung wird Shakespeares berühmter erotischer Irrgarten auf einem völlig unentdeckten Weg beschritten. (Col Legno/ Harmonia Mundi) Stefan Franzen

Tegan & Sara

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates