Madsen – Madsen

Das wird kein schöner Sommer, doch wir sind immer noch hier. Verlieren uns mehr und mehr und mehr, werden ab und zu von der Erkenntnis erwischt, daß wir Produkte unserer Umwelt sind und sonst fast nichts. Zeigen, was wir gelernt haben daß Scheitern einen durchaus reizvollen Wiederholungszwang entwickelt: „Immer wieder steh ich hier allein/ Immer wieder sag ich mir: Das wird das letzte Mal sein.“ Der ganze alte Kram. Das Private.

Davon singt die junge Rockband Madsen, deren Name schön an das jüdische Matzen-Brot erinnert – und was da seinen Weg aus dem Tagebüchlein auf die erste Platte gefunden hat, das ist so banal und gleichzeitig spektakulär, so pubertär und doch universell anwendbar auf alle Erwachsenen-Krankheiten, daß man es erst mal negativ sagen muß: Madsen sind nicht pfiffig wie Wir sind Helden, buhlen nicht um Liebe wie die Sportfreunde, sind weder zynisch noch transzendent wie Tocotronic. Und das ist hervorragend so. Obwohl auch Madsen zu diesem Stall gehören, der einen abgeschwächten Punk-Grunge zum neuen Mainstream-Rock für Jugendliche gemacht hat und inhaltlich in dem Dilemma hängt, daß Lebert und Stuckrad-Barre schon alles erschöpfend dargelegt haben, was bürgerliche Leute über 20 so umtreibt. Nicht viel, übrigens.

Sänger Sebastian Madsen hat oft den sonderbaren Radio-Effekt auf der Stimme, murmelt und schreit natürlich, ein dornengekrönter, apathischer, trotzdem seltsam lebensmutiger Bub, der keine Metaphern benutzt und trotzdem die Themen geschickt umkreist. Panik in einfachen Worten, Pfadfindermelodien über die Unfähigkeit zu kommunizieren, ein paar Plattheiten freilich auch. Und die komplett unhysterische Bilanz, wie mittelmäßig die Mittelklasse lebt: „Nicht zu gut, nicht zu schlecht, nicht zu falsch und nicht zu echt.“ Fast alle Stücke eignen sich zum begeisterten T-Shirt-Zerreißen bei Sommer-Festivals, und die besten zwei kommen am Ende: „Mein Therapeut & ich“ über das kleine Glück, die Kopf-Adern voll Antidepressiva zu haben, und „Wohin“, ein theatralisches Hoffnungslied über Weltflucht. Oder den Tod, fast dasselbe.

Wer die Unsicherheit des Heranwachsens überwunden hat, wird mit „Madsen“ nichts anfangen können. Für alle anderen wird es, mit Verlaub, das nächste deutsche „Nevermind“ sein.

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