Midlake – The Trials Of Van Occupanther
Die Abbildung auf dem Cover legt nahe, dass es sich bei diesen Musikern um Knallköpfe mindestens des Kalibers Don Van Vliet, Will Oldham oder Decemberists handeln muss. Doch ist die fabelhafte Band um Paul Smith ein sehr ernsthaftes Ensemble, das die Wonnen des frühen Westcoast Rock und die Sentiments von Crosby, Stills, Nash & Young und Gram Parsons perfekt adaptiert hat. Hier ist jeder Ton rückwärtsgewandt, das Gitarrenspiel ausgreifend, die zwölfsaitige Akustische zirpt, das Piano tupft dazwischen, eine Flöte stiftet Märchenstimmung, der Gesang schwelgt und fistelt.
Tatsächlich schöpfen Midlake ganz und gar aus den Legenden des Westens, erzählen naturalistisch und ohne Brechung romantische Geschichten, wie man sie zuletzt in den früheren Tagen der Jayhawks und von Wilco gehört hatte. Um Heimatund Winter geht es, um die Jagd und die Ernte, um die junge Braut und Banditen in den Bergen – das Neil-Young-Land von „Powderfinger“, von „Jeremiah Johnson“, zivilisationskritischen Spätwestern der 70er Jahre und Jim Jarmuschs „Dead Man“. Ja, der Song“ Van Occupanther“ ist beinahe „Hot Burrito No.1“, und so lassen sich zahllose Vergleiche finden.
Angesichts der schieren Schönheit dieser Pastoralen gerät man in Erklärungsnotstand – wenn die großen Unzeitgemäßen von Polonäse im Schnee singen und vom harten Leben im Wald, dann scheint das „Schwarzwaldhaus 1900“ nah zu sein. Aber in dem elegischen „Branches“ klingen Midlake plötzlich wie die Radiohead von „No Surprises“ oder eine alte britische Prog-Rock-Kapelle. „On a clear day I can see my own house“, singt Paul Smith in Abwandlung des beliebten Hippie-Spruches. Das ist ja das Schöne an der Rockmusik: dass sie Antagonismen und Paradoxien wundersam auflöst. Und von tutigen Waldgängern gespielt wird, deren Musik wie Poesie von Walt Whitman zu elektrischen Gitarren klingt. Eine Naturdichtung, die Blumtelds „Verbotene Früchte“ wie vertrocknete Zwetschgen wirken lässt. Hochwald! Holzfällen!