MiMi

Road To Last Night

Warner VÖ: 10. Juni

Willkommen am Tresen der Surprise-Bar! Alles, was man über Töchterchen Westernhagen im Vorfeld ihres Debütalbums so hörte, dachte, vorurteilte, wischt die 25-Jährige mit legerem Flüstern vom Tisch. Singendes Model, It-Girl, eine Band namens Battlekat, bei der sie die Courtney Love machte? „Road To Last Night“ klingt weder nach London, wo MiMi, die eigentlich Sarah heißt, aufwuchs, noch nach Hamburg, wo sie jetzt lebt. Natürlich auch nicht nach Düsseldorf-Heerdt oder Berlin-Mitte. Mit Bottleneck-Gitarre im Schlepptau meldet sie sich vielmehr aus einer kanadischen Waldhütte oder geradewegs aus amerikanischem Wüstensand. Hat sich Produzent Franz Plasa (Echt, Selig) in Ben Harper verwandelt?

MiMi kann kieksen und sich in fremden Welten bewegen wie Kolleginnen, die fernab der Zivilsation auf den Bermudas aufwuchsen, und ist dennoch geerdet und stimmsicher wie Florence Welch oder Marina Diamandis. Mit „Lonely One“ zelebriert sie fröhlichen Herzens das Einzelgängertum – einzige Voraussetzung, um bereits mit 15 gefühlvolle Songs wie „Without Love“ über erste amouröse Interessen schreiben zu können. MiMi erwirkt die Schnittmenge aus Heather Nova und den Rainbirds, und nur ganz selten wirkt sie affektiert oder überambitioniert. Dann bewilligt sie mitunter fiese Gitarrenparts. Dafür darf’s aber auch gern mal sakral sein: Auf ihrem Lieblingstrack, „One“, begibt sie sich aufs Terrain von Clannad und Sinead O’Connor. Respektissimo!

Nie, nie mehr werden wir Verwandtschaftstermini bemühen, aber, Verzeihung: Diese Platte ist das absolute Gegenteil eines „Stinkers“.