Mo Solid Gold – Brand New Testament
Was auch immer Julian, Craig, Boag und Rob, früher mal bekannt als These Animal Men, zusammen tun, eruptiv muss es sein. Mitte der Neunziger sorgten die vier Männer aus dem UK für einen Hype in der britischen Musikwelt, doch ganz gegen das übliche Gebaren beendeten die Künstler diesen Hype höchstselbst, indem sie sich vor Erfüllung der großen Prophezeiungen plötzlich auflösten.
Eruptiv ist nun auch Mo Solid Gold, ihr neuerliches musikalisches Statement, und das in zweierlei Hinsicht. Zum einen beeilen sich die Musikschreiber aus dem UK wiederum, schnell möglichst viel Superlatives über Mo Solid Gold zu sagen, zum anderen ist es die Musik selbst, die hier explodiert: Das Debüt „Brand New Testament“ ist eine Schwitzhütte aus Stax-Soul und Detroit-Rock, ein heißes Ding aus Grand Funk Railroad-Hysterie, Sly-Stone-Inbrunst und Otis-Redding-Seligkeit. Mo Solid Gold betreiben ihren unfassbar klassischen Rock-’n’Roll und R&B schonungslos und werfen sich ohne Rücksicht auf Verluste ins Getümmel: Die Tierfelle beben, die Röhren dampfen, immer brät die Orgel, und dazu lässt Sänger K, der Neue im Bunde, seinen Bariton vibrieren, als würde der Herr ihn einst an der Inbrunst seines Vortrags messen – man hat eine Vorstellung davon, was für eine Energie Mo Solid Gold auf der Bühne entfachen, wenn sie einen guten Moment erwischen.
Wenn es ruhig wird, wie bei dem salbungsvoll gegeigten „Miss America (In Space)“, klingen Mo Solid Gold wie Roachford ohne Sicherheitsgurt, der Soul wimmert in den HimmeL die Basslinien flehen chromatisch, ein Chor macht „Ah! Ah!“, und das findet man gut: Bei aller unbändigen Energie verfügt das Quintett aufjeder Position über dreidimensionales Vermögen, das die ganze Tiefe, Breite und Höhe der adaptierten Grundmuster darstellen kann. Da fühlt man sich nicht betrogen, weil hinter der mächtigen Fassade ein großes Nichts sich öffnete. Ganz im Gegenteil: Weit hinein in „Brand New Testament“ berühren Mo Solid Gold mit immer traditionelleren Emphasen, versuchen Motown und Gospel-geschwellten R&B, wir sind jetzt Brüder und Schwestern, und am Ende (bei „Come Together“) schwenken wir die Arme im gemeinsamen Großgefühl. Mehr kann man ja nicht wollen.