Monomania :: Nostalgischer Avantgarde-Pop – falls es so etwas gibt
Deerhunter pflegen eine Nostalgie für die Avantgarde von gestern. The Velvet Underground, Yoko Ono, The Fall, My Bloody Valentine, Pere Ubu und gar Aphex Twin haben auf ihren Tracks Spuren hinterlassen. Doch all den Noise und all die Drones, die schrägen Gitarren und den exaltierten Gesang von Bradford Cox verbindet die Band aus Athens, Georgia mit oft erstaunlich eingängigen Riffs und hübschen Melodien, die nicht selten an
klassischen Pop der Fünfziger und Sechziger erinnern. Auf „Halcyon Digest“ gaben Deerhunter sich vor drei Jahren so zugänglich wie nie zuvor, und auch „Parallax“, das letzte Album von Cox‘ Soloprojekt Atlas Sound von 2011, war stellenweise regelrecht popselig.
„Monomania“, das erste Werk mit dem neuen Bassisten Josh McKay und Frankie Boyles als zusätzlichem Gitarristen, scheint diese Entwicklung zunächst nicht fortzuschreiben, klingt anfangs rauer und widerständiger. „Neon Junkyard“ heißt das erste Stück, ein sprechender Titel: kaputt, grell, übersteuert, psychedelisch, Syd Barrett lässt schön grüßen. Anschließend, in „Leather Jacket II“, wird’s dann chaotisch: Gitarren laufen ins Nirgendwo, Feedback, Drones, stupide Riffs, und Cox redet in Zungen, bis der Track implodiert. Mit „The Missing“, einem aufgeräumten, nahezu hymnischen Song, nehmen Deerhunter dann die Spur von „Halcyon Digest“ wieder auf. Bo Diddley, die Ramones und Ricky Nelson seien dieses Mal wichtige Inspirationen gewesen, so die Band in einem Interview – wenn man noch eine Spur The Cure hinzufügt, hat man tatsächlich das Rezept für den folgenden Deerhunter-Pop beisammen, der mal verwaschen,
mal äußerst präzise, auch mitreißend oder elegisch klingen kann und gegen Ende im Titelsong noch einmal zu verstörender Größe, in der anschließenden Akustikelegie „Nitebike“ zu berückender Schönheit findet. Der letzte Song heißt „Punk (La Vie Antérieure)“. Deerhunter sind halt Nostalgiker. (Beggars) MAIK BRÜGGEMEYER
Steve Martin & Edie Brickell