Morrissey :: World Peace Is None Of Your Business

Zwischen großen Popsongs und vegetarischen Wimmereien: Morrissey provoziert, erschüttert und tröstet die Welt.

Was für ein wunderbarer Spinner! Von Flamenco-Gitarren begleitet, singt Morrissey mit seinem warmen englischen Bariton davon, dass die Erde der einsamste Planet von allen ist, und dass er, nur er allein, eine Einsamkeit lebt, wie es kein anderer tut. Hach. Das beklagte er schon auf seinem letzten Album, dem etwas verrutschten „Year Of Refusal“, auf dessen großartigem Cover er beiläufig ein Baby unter dem Arm hält, wie andere Leute ein Sixpack Bier. Auf dem Cover von „World Peace Is None Of Your Business“ hält er nun einem Hund seinen Füllfederhalter hin. Um es gleich zu sagen: „Earth Is The Loneliest Planet“ ist einer der Höhepunkte auf Morrisseys erstem Album seit fünf Jahren, von ähnlich schwülstigem Überschwang wie seinerzeit „I’m Throwing My Arms Around Paris“. Ein weiterer, „One Of Our Own“, wartet erstaunlicherweise als Bonus-Track auf der Luxus-Ausgabe dieses Albums.

Gut, dass er zurück ist. Gut, dass Autobiografie und Smiths-Sehnsüchte abgehakt sind. Morrissey zeigt sich von Joe Chiccarelli (White Stripes, U2, Elton John) top produziert und in schwankender Form, zwischen großen, jubilierenden, himmelwärtsstürmenden Popsongs wie „Kiss Me A Lot“ (all over my face! all over the place! all over again!) und vegetarischem Quark wie „The Bullfighter Dies“ (and nobody cries/ Because we all want the bull to survive). Er liebt die Tiere und hasst die Menschen, dieser morbide, selbstmitleidige Romantiker. Er beschimpft Demokraten und Fleischesser aus der gleichen snobistischen Haltung heraus, aus der er sich den üblichen Marktmechanismen konsequent verweigert. Das macht Morrissey wertvoll, aber mitunter auch unerträglich. Wenn er auf „I’m Not A Man“ in pathetischem Vibrato barmt „I would never eat or kill an animal“ und angesichts der Schändlichkeit menschlichen Handelns schlussfolgert „I’m not a man/ I’m something much bigger/ And better than a man“, dann ist man mal kurz sprachlos.

Trotzdem: Der lässig-zornige Anti-Ehe-Song „Kick The Bride Down The Aisle“ und die bewegende Knast-Allegorie „Mountjoy“ entschädigen vollauf. Morrissey endet mit der erschütternden Einsicht „rich or poor/ We all lose“. Und niemand könnte diese Erkenntnis überzeugender singen als er.

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