Motörhead

Inferno

Steamhammer / SPV 22.06.2004

Wenn das Ideal der Dauerhaftigkeit, des steten Gleichmaßes zum ästhetischen Programm gehört, kommt der Musik eine gewisse meditative Qualität zu. Und von Album zu Album fragt man sich wieder, wann Lemmy, dem Wunderwarzenschwein am Bass, endlich die Erleuchtung kommt, denn das muss es ja sein, was er sucht, sonst würde er wohl kaum mit solch eiserner Ausdauer die immergleichen Riffs durchprügeln lassen. Der Mann ist im Grunde seines Tuns ein verkappter Zen-Buddhist, und wo der Asiat den unsichtbaren Bogen spannt, zerdullert Lemmy auf gut altenglisch seine Rickenbacker. Es ist noch nicht ausgemacht, wer schneller ankommt im irdischen Nirwana! Noch sucht er jedenfalls, der furunkulöse Engländer im kalifornischen Refugium, und seine beiden Ministranten Phil Campbell und Mikkey Dee, die sich in den Jahren ihrer gemeinsamen Gebete zu echten Meisterschülern entwickelt haben, suchen mit. Wir können dann wohl langsam zur aktuellen Platte kommen…

Die enthält auch diesmal wieder ein paar Songs, mit der man die ewige Liste ergänzen kann. „In The Black“ etwas, diese agile, im Chorus schon fast leichthändig-federnde Schrubbattacke, bei der Mikkeys Snare irgendwann die eins noch dazu nimmt und die drei und vier auch – und alles zerdeppert. Anschließend lässt er so richtig achtzigermäßig die Double-Bass von der Leine, und dann wiehern die los, als hätten sie den ganzen Winter über im Stall gestanden. Oder das schmutzige „Down On Me“, das nur Mid-Tempo hat, aber trotzdem genug Dampf, weil Campbell sich eine Sehnenscheidenentzündung holt. Oder auch das schon beinahe poppige „In The Year Of The Wolf, das nur Kilmisters halbverwestes Untoten-Organ vor der Chartplatzierung rettet „Smiling Like A Killer“ ist der pure Punk und erläutert sehr schön die notorische Akzeptanz der Band auch in diesen Kreisen.

Und die paar Gimmicks diesmal, das lasziv-boogieske „Life’s A Bitch“ oder der wirklich hübsche akustische „Whorehouse Blues“ mit Harp-Fills und sehr geschmackvollen, ja stilechten Leads, zeugen von ihren beinahe rührenden Bemühungen um Abwechslung. Da war wohl schlechtes Karma im Spiel?

Um der Dokumentationspflicht zu genügen: Steve Vai darf in dem Opener „Terminal Show“ und später noch mal bei „Down On Me“ ein wenig solieren. Noten in Niagara-Manier lässt er fallen, wild und ungestüm soll das sein, und man hört richtig, wie fies er dabei gekuckt hat Da wird sich Lemmy wohl in Zurückhaltung geübt haben, Gentleman, der er ist. Ein feines Lächeln nur umspielte seine nicht gerade ebenmäßigen Züge – aber beim Smirnoff danach, als die drei wieder unter sich waren, da gab’s bestimmt kein Halten mehr.