Mumford & Sons

Sigh No More

Ein Brit-Folk-Debüt voll Dynamik und entwaffnender Harmonien

Ein „Dust Bowl Dance“ an den Ufern der Themse? Früchte-des-Zorns-Ernte im Londoner Westen? Häuptling Marcus Mumford und seine Indianer-Söhne mit so hübschen Namen wie Ben Lovett, Country (!) Winston und Ted Dwane müssen sich von Fleet Foxes bis Arcade Fire transatlantische Referenzen gefallen lassen, die mehr oder weniger naheliegen. Aber wenn der erste Eindruck nicht täuscht, steht dieses Quartett schon mit seinem ersten Album „Sigh No More“ locker darüber, ohne sich dabei in kleinkariertem Brit-Folk-Dünkel zu verschanzen.

Der würde auch kaum passen zu einer Band, die nur in Spurenelementen („Winter Winds“) so klingt, als wolle sie die Londoner Straßenköter-Poesie etwa der Pogues beerben – aber sonst in Songs wie „The Cave“, „Roll Away Your Stone“, „Timshel“ oder „After The Storm“ verdammt oft so, als könne sie, wenn nicht das Gewicht der Welt, so doch so manche Last des Nächsten erst schultern und ihn dann mit unerschütterlicher Kraft und Vertrauen einfach über den Berg hinwegsingen und spielen. Natürlich mit vorwiegend akustischem Instrumentarium inklusive Banjo und Dobro, mit dem Verzicht auf ein herkömmliches Schlagzeugset, aber nicht auf einen auch mal kräftig scheppernden Beat aus Fußtrommel-Bums und Tambourin-Geklingel.

Mumfords brennende, eindringliche, pathoskompatible Stimme könnte dies alles wohl auch alleine tragen, und doch sind die wohldosiert gesetzten, aber nie klinisch reinen Harmonien der Sons weit mehr als nur das icing on the cake auch wenn sie nicht gleich so entwaffnend unisono mit der Tür ins Haus fallen wie im Opener „Sigh No More“. Sie können es auch mal feierlich („Awake My Soul“) und auch mal pompös („Thistle & Weeds“), und es geht, na klar, um nichts weniger als alles.

„Can you lie next to her and confess your love as well as your folly?“, fragt Mumford eingangs in „White Blank Page“, das für die dynamische Dramaturgie vieler Songs stehen kann. Auch „Little Lion Man“ steigert sich in ein rauschendes Finale – mit dem unwiderstehlichsten Refrain des Albums: „But it was not your fault but mine, and it was your heart on the line, I really fucked it up this time, didn’t I my dear?“ Und weil sie wissen, wie gut das ist, wiederholen sie es fast ein wenig zu oft. Fast.