Nocturnes :: Verloren zwischen Club und Großraumdisco: ein Reisebericht

Aufgeregt über einen Sy nthie-Flokati trippelnd erzählt Little Boots von Neonlichtern und Menschen, die in der Nacht ihre Namen ändern, von einer Reise ins Unbekannte, von der Suche nach dem perfekten Ort, von Freunden, die zurückgelassen werden. „They have lifes, they have plans/ They could never understand“, säuselt sie in der Reißaus-Hymne „Motorway“, die das Album „Nocturnes“ eröffnet -eine flauschig-kuschelige Dancepop-Platte, auf der tatsächlich alle Nummern Nachtstücke sind.

Nachdem sie 2009 ihr Debüt „Hands“ veröffentlichte, hat Victoria Hesketh alias Little Boots viel Zeit damit zugebracht, als DJ die Welt zu bereisen. „Nocturnes“ ist eine Art Reisetagebuch, das die Eindrücke und Trends, die die Britin unterwegs aufgeschnappt hat, verarbeitet. Viel scheint gerade aber nicht los zu sein in den Clubs zwischen San Francisco und Budapest. Melodieselig recycelt Little Boots House, Disco, Elektro und Dancepop und verlässt fast nie die Tanzfläche: „I know you so well/But we dance like strangers tonight/No one could ever tell/We used to hold our bodies tight“, singt sie zum Beispiel zum wehmütigen Beat von „Strangers“. Der knuddelige Popsong „Crescendo“ will zwar ein bisschen mehr als tanzen, doch ein David-Guetta-mäßiger Refrain zieht die Nummer zurück auf den Dancefloor.

An Dancepop-Nummern wie „Every Night I Say A Prayer“ oder „Confusion“ mit den Gesangsloops, Klavierkadenzen, Handclaps und aufdringlich inszenierten Gimmicks hat man sich schon in den 1990ern satt gehört. „Broken Record“ mit seinem Offbeat-Synthiebass und seiner kreiselnden Hookline zwängt sich recht unverschämt in die kleine Lücke zwischen Madonnas „Hung Up“ und Kylies „Can’t Get You Out Of My Head“. In „Beat Beat“ reist Little Boots in die Discoära, in „Shake“ verirrt sie sich in Richtung Euro-Disco und bei „Satellite“ ist sie schließlich bei ihrer Reise durch die Nacht in der Großraumdisco angekommen.(On Repeat/Rough Trade) GUNTHER REINHARDT

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