Nuggets von Ulli Schüler
Und gleich eingangs etwas für unsere Texas-Fraktion: „Loco Gringo’s Lament“ (Deja Disc 3213) heißt dieses wirklich feine Comeback von RAY WYLIE HUBBARD. Irgendwo zwischen Willie Nelson und Terry Allen zelebriert Hubbard pures Texas-Outlaw-Feeling und weiß dabei so gestandene Musiker wie Lloyd Maines und Lisa Mednick an seiner Seite. Nashville ist hier soweit weg, als sei es ein Asteroid in einer entfernten Galaxis – kurz vorm Einschlag auf dem Schmalz-Planeten. Gut zu wissen, daß es noch fesselnde Musik von Menschen mit Herz gibt.
Die zum Trio geschrumpften NEW RIDERS OF THE PURPLE SAGE um John Dawson haben mit der schlicht „Live In Japan“ (Relix RRCD 2065) betitelten CD ein Juwel aus dem Ärmel geschüttelt Acht der neun Titel dürften gestandenen Deadheads bereits hinlänglich bekannt sein, aber sooo entspannt dürfte noch keiner die New Riders gehört haben. Das bereits 1993 aufgenommene Album verbreitet eine derart warme Stimmung, daß hier schon die eine oder andere Träne fließen wird. „Portland Woman“ zum Beispiel ist mit seinen fast 13 Minuten noch immer viel, viel zu kurz. John Dawson, Rusty Gauthier und Gary Vogensen lassen uns eine ihrer Sternstunden miterleben.
Die LOOSE DIAMONDS aus Austin/Texas (zum Teil auch auf Michael Halls letztem Album zu hören) sind mit ihrem zweiten Album „New Location“ (DOS Records 7010) auf dem besten Wege, die noch bescheidene Fangemeinde wachsen zu lassen. Die Coverversion des Richard Thompson-Klassikers „For Shame Of Doing Wrong“ etwa gibt diesem Stück endlich den richtigen Biß. Musikalisch bewegt man sich ungefähr auf einer Ebene mit den Jayhawks, Gear Daddies oder den Swinging Steaks – und hoffentlich auch auf dem Weg zu etwas mehr Erfolg.
DENNIS BRENNAN weiß auf seinem Debüt-Album „Jack In The Pulpit“ (Brother Rec CD 00657) bereits, daß der Pilot am besten in der Kanzel aufgehoben ist. Das Cover verrät uns zudem, daß kein Bier an Polizisten ausgeschenkt werden sollte.Vergleiche mit Peter Himmelman, Grant McLennan, Danny O‘ Keefe sind hier gestattet. Neben regulären Instrumenten müssen noch diverse schräge Soundquellen für das Entrollen des Klangteppiches herhalten – wobei der Haartrockner eine besondere Rolle spielt.. Was nun keinesfalls bedeutet, daß hier Schrulligkeit zum Selbstzweck verkommt: Brodelnde Rocker und charmante Singer/Songwriter-Perlen zeichnen das Album ebenso aus wie die gesamte Bandbreite des Materials.
„I Liked You Better Than You Hated Yourself“, „Grill The Sucker“ oder vielleicht doch besser „Bendin‘ The Rules“? Welchen Song vom dritten BADLEES-Album „River Songs“ (Rite Off 1070-2) will man besonders herausheben? Bei dieser rundum stimmigen CD fällt die Wahl schwer. Die durchgehend magische Stimmung, eine charismatische Stimme – und dann diese Gitarren! Sunset im „Heartland“ mit Bezügen zum real existierenden Amerika. Ein abgefahrener David Lowery trifft nachts im Gun Club auf die geläuterten Jayhawks, um gemeinsam nach Spuren des „Gilded Palace Of Sin“ zu suchen.
Wer gleich mit zwei „Tüten“ in der Hand aufwacht und Eleventh Dream Day schon für glattgebügeltes Chartfutter hält, dem kann geholfen werden. OPIUM DEN tragen ihren durchgeknallten Namen nicht umsonst „Secret Sky“ (Hereafter Rec.002 AF) sollte nicht gerade auf der Fahrt zur Drogenberatung gehört werden.
„Shanghai“ (Calf Creek Rec. 9502) von BREWER A SHIPLEY verhilft Hippies zum Zeitsprung. Erinnerungen an die Anti-Vietnam-Demo und die Blumenkinder im Golden Gate Park werden wach. Obwohl dies eine Veröffentlichung von 1967 sein könnte, ist es auf wundersame Weise gelungen, den Staub vergangener Tage fernzuhalten. Trotzdem keine Platte für die nächste Party: Musik und vor allem Texte sollten genossen werden. (Alle Alben erhältlich bei Taxim, Am Dobben 3,27330 Asendorf)