Olli Schulz

Scheiß Leben, gut erzählt

Neue Lieder vom Mike Krüger des Metapop, der sich nie festlegt

Als Olli Schulz noch kein TV-Promi war, mit Jan Böhmermann am Tisch sitzen oder beim „Tatortreiniger“ aushelfen durfte, schrieb er absonderliche, wunderbar lässige, lustig-ernste Lieder. Jetzt reimt er stattdessen in einer zarten Indieromanze Verse wie „Junge Frau sucht reifen Mann/ Und ruft beim Pannenservice an“. Oder er mimt den Türklinkenphilosophen: „Auf dem langen Gang des Lebens gibt es furchtbar viele Türn/ Wir wissen, wie sie aufgehn, aber nicht, wohin sie führn.“

Und auch seine Musik scheint in den letzten Jahren irgendwie einen Schlag abbekommen zu haben. Elektrostampf mit Auto‑Tune-Effekten („Ambivalent“) und Rap-Peinlichkeiten („Sportboot“) quetschen sich aufdringlich zwischen Indierock-Gassenhauer („Schmeiß alles rein“). Olli Schulz kann zwar auch Peter-Fox-mäßig bekifft grooven („Wölfe“) oder den lässigen Chansonnier spielen („Schockst nicht mehr“), schafft es aber inzwischen auch, das „Seven Nation Army“-Riff komplett zu vermurksen („Ganz große Freiheit“).

https://www.youtube.com/watch?v=yVVZoSek2eU

In den zehn Liedern auf „Scheiß Leben, gut erzählt“ lässt Schulz sich nie auf irgendetwas festlegen, macht keinen Pop, sondern Metapop, musiziert in seiner kuriosen Ironieblase vor sich hin und pflegt sein Ego. Auch dadurch, dass er die Songs mit all seinen aus Funk und Fernsehen bekannten Freunden schmückt: mit Olli Dittrich und Bjarne Mädel oder der „Tagesschau“-Sprecherin Linda Zervakis.

In den von Moses Schneider aufgenommenen Liedern sind Beziehungen wie ein Skatspiel, schmeckt die Liebe, wie Pisse riecht, tummeln sich Skinny Bitches, Müllsäcke und Facebook-Junkies, reimt sich „Geschlechtskrankheit“ auf „Rechtsanwalt“.

„Scheiß Leben, gut erzählt“ ist dabei immer verdammt nah dran an der Parodie, ein aus Kalauern, Klamauk, Zeitgeist, Selbstgefälligkeit und Trivialpoesie zusammengesetztes und mit lauwarmen Indiepop-Geschrammel und kruden Laptopbeats vertontes Album – ein gespielter Witz für alle, die auch über Mike Krügers „Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehn“ herzhaft lachen können. (Trocadero/Indigo)