Patrick Watson
„Uh Oh“
Secret City (VÖ: 26.9.)
Detailverliebter Kammerpop des Kanadiers.
„Siiiilencio!“ Eine helle Frauenstimme gebietet Einhalt. Ein romantisches Klavier. Ja, tatsächlich: Wir befinden uns nun im Kammermusiksaal. Patrick Watson steigt ein, mit heiserer IndieSänger Schüchternheit. „I lost my voice“, haucht er und setzt so den Tonfall. Seine Stimme war weg, drei Monate lang, nach einem geplatzten Blutgefäß – jetzt ist sie wieder da. „Uh Oh“ beendet das unfreiwillige Schweigen, eine zaghafte Aufbruchsstimmung bestimmt dieses Album.
Von Paris über Montreal bis Mexiko-Stadt
Ausgerüstet mit zwei Mikrofonen hat der 45-jährige Kanadier überall auf der Welt Instrumente aufgenommen – von Paris über Montreal bis Mexiko-Stadt –, Streicher, Chöre, Klaviere, Schlaginstrumente, und man hört in jeder Sekunde, dass er ein audiophiler Sound-Sammler ist, alles klimpert und klackert mit makelloser Klarheit. Seine detailverliebte Produktion zeugt von Kunstfertigkeit und ist sicher beeindruckend – aber ein wenig konturlos bleiben die Lieder manchmal schon. In „Choir In The Wires“ überlagern sich seine Stimmen, verflüchtigen sich, kreisen um ein leeres Zentrum – es bleibt eine traurige Trompete über Walzerklavier. „Peter And The Wolf“ (ja, wirklich!) verliert sich in elektronischen Spielereien. Besser gelungen ist da der charmante Titeltrack, dessen lustvoller Kammerpop eine gute Gelegenheit für Watson bietet, seine Arrangement-Künste zu demonstrieren.
Auf fast jedem Stück ist eine Gastsängerin zu hören – eine gute Entscheidung, so gibt es stetig Abwechslung und Watsons eher dünne Stimme erhält Verstärkung. Ein Highlight ist „House On Fire“ mit Martha Wainwright, deren warme, volle Stimme das Lied zur wunderbaren Country-Ballade verwandelt. Während in Watsons zaghaften Händen die Stücke manchmal Skizzen bleiben, zeigt sie, was möglich ist.
Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 10/2025.