Patrick Wolf – Köln c/o Pop

Ein Mikro fliegt durch die Luft, der Ständer hinterher. Dann segelt ein Klavierhocker hinter die Bühne. Es wird auf den Boden gespuckt, ein Stinkefinger blitzt auf, wir hören allerhand Geschrei von „bitches“, „motherfuckers“ und schließlich den Aufruf „Let’s have a riot, ok?“. Wo genau wir hier sind? Iggy Pop, 1969? N.W.A., 1988? Oh nein. Dies ist der Abschluss des Eröffnungsabends der Kölner Fachmesse c/o Pop. Auf der Bühne steht Patrick Wolf und fuchtelt wild mit den Armen. Der Reihe nach.

Angefangen hatte der Abend mit einem Auftritt von Steve Strange, dem mittlerweile reichlich derangierten Sänger der Achtziger-Truppe Visage („Fade To Grey“), über den wir behutsam und respektvoll den Mantel des Schweigens breiten. Dann betritt – leicht verspätet, und das wird später wichtig sein – Patrick Wolf die Bühne. Er trägt ein rotes Bolerojäckchen mit quarterbackartigen Schulterpolstern und eine schwarzweiße Flying-V-Gitarre. Offensichtlich in Partystimmung, räkelt er sich im Laufe der nächsten Stunde auf den Boxentürmen, posiert, gockelt ironisch grinsend über die Bühne. Bei einem Kostümwechsel singt er bereits backstage, um dann triumphierend nach vorne zu flanieren. Entertainment der guten alten Schule also. Ein energiestrotzender Sympath, der geradezu nach den ganz großen Bühnen schreit: Immer wieder hat man den Eindruck, er würde jetzt am liebsten einen 100Meter-Sprint zum anderen Ende machen wollen. Doch, es steckt ein Freddie Mercury in ihm.

Der 26-jährige Londoner ist sowieso schwer zu fassen: Neo-Glam? Romantischer Kelten-Folk? Und dann diese Hardrock-Sounds? Ukulelen? Samples? Was auf dem Papier etwas wirr und überladen klingt, fließt in Wolfs Songs durchaus organisch zusammen – und sorgt live für interessante Brüche. Zuletzt hatte er ein politisches Doppelalbum geplant, eine Depression und dann die Liebe führten schließlich zu seinem vierten Werk „The Bachelor“. (Der zweite Teil „The Conqueror“ soll im nächsten Jahr erscheinen.) Genauso sprunghaft, wie er Großkonzepte verwirft, kippt plötzlich dieses überaus unterhaltsame Konzert. Als ein Techniker ihn informiert, dass in vier Minuten der Stecker gezogen wird – wir befinden uns mitten in der Stadt, mitten in der Woche, auf einem Open Air – , sagt er „also noch zwei Songs“. Und, nun ja, es klappt nicht. Mittendrin ist plötzlich Schluss. Was Patrick Wolf ein wenig irritiert, womit wir wieder beim Anfang wären.

So hat die c/o Pop einen medienwirksamen Skandal. Ausgelöst durch einen leidenschaftlichen Patrick Wolf. Was will man mehr?

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