Paul Beatty – Slumberland :: BRD -Sampling
Ferguson W. Sowell (geschrieben „so well“, gesprochen „Soul“) alias DJ Darky verdingt sich als Plattenaufleger und Gelegenheitskomponist von Porno-Soundtracks, darüber hinaus ist er ein sonisches Genie. Sein „phonographisches Gedächtnis“ vergisst niemals ein Geräusch, einen Sound, eine Note. Seinen Abschluss an der Musikhochschule macht er mit einer Neufassung von Händeis „Messias“, die er komplett aus Samples von „Licensed To Ill“ der Beastie Boys zusammenflickt, und seitdem ist er auf der Suche nach dem absoluten Beat, der „Mona Lisa der Musik“. Als er mit einem „zwei-Minuten-siebenundvierzig-Amalgam“ so etwas wie die „DJ-Unabhängigkeitserklärung“, den fast vollkommenen Groove kreiert, braucht es nur noch eins: göttlichen Segen. Sein Heiland aber ist die sagenhafte, verschollene, weil in der DDR abgetauchte Freejazz-Ikone Charles Stone. Die Spur führt nach Berlin, er lässt sich im titelgebenden Slumberland-Club als „Jukebox-Sommelier“ anstellen, und da nun passenderweise die Handlung im Jahr 1989 situiert ist, fällt dann auch bald die Mauer, und DJ Darky trifft endlich seinen musikalischen Gottvater, um mit ihm eine Wall of Sound zu errichten, die für die Ewigkeit ist. Diese Romanbricolage, die satirisch mixt, was nicht zusammengehört, faschistisches Liedgut und HipHop, Neonazi-Szene und schwarze Subkultur etc., liest sich wie das sprachliche Äquivalent zu den durchgeknallten Sampling-Puzzles des Protagonisten. Der erschafft eine neue musikalische Welt aus Sound-Trümmern der alten, Beatty macht das mit Worten, aber genauso virtuos. (19,90 Euro)