Paul Weller :: Stanley Road

Wieso Paul Weller mit diesem Album alle Grundgesetze der LoFi-Ästhetik unterschrieb, ist ein Rätsel. Die Luxusausgabe änderte daran klanglich auch so gut wie nichts. Das war auch wahrscheinlich überhaupt keinerlei Priorität bei dem ganzen Projekt. Das ist – über jede Vorstellung von einem director’s cut hinaus – Wellers Ehrgeiz zu verdanken, diese Platte mal so umfassend wie überhaupt machbar dokumentiert zu wissen. Also der gewisse Größenwahn auch und Luxus-Overkill, der beim Vorbild (das mutmaßlich wohl doch diese unlängst mit „King Of America“ beendete Serie von Elvis-Costello-Remasters war) viele erhellende Momente zeitigte und das die Plattenfirma Weller ermöglichte.

Manchmal war längst alles klar. Etwa daß bei „Woodcutter’s Son“ Led Zeppelin eine nicht zu unterschätzende Quelle der Inspiration waren. Daß er Soul Music auch über die von Motown hinaus ziemlich schätzte, fiel nebenbei als Erkenntnis an. Und mehr als einmal klangen Aufnahmen da ganz erheblich nach Traffic, und passagenweise konnte man sich an den späteren, „psychedelischen“ Peter Green der letzten Fleetwood Mac-Besetzung mit ihm erinnert fühlen.

Was Weller damals alles sonst noch an Erinnerungen umtrieb, erklärt er auf der DVD, hört man aber auch auf den Bonus-Tracks und der CD 2. Das sind zum einen die „B-Seiten“ – was immer der Begriff im Zeitalter der CD überhaupt noch beinhalten soll: Studio-Covers von „Sexy Sadie“ und „I’d Rather Go Blind“ sowie diverse für die BBC gemachte Live-Mitschnitte des Jahres 1995. Man kann nur in keinem Fall sagen, daß es sich da um denkwürdige oder neue Maßstäbe setzende Deutungen handeln würde. Wunderschön aber das ausgestöpselt musizierte „It’s A New Day Baby“, ein Stück Country-Folk-Blues, das sich wie ein fein geschliffener Diamant unter den Zugaben ausnimmt. Auch das Südstaaten-Soul-Bekenntnis „I Didn’t Mean To Hurt You“ singt er beseelt und jederzeit glaubwürdig.

Zur Genesis des Albums tragen die 19 Aufnahmen der zweiten CD dann bei, allesamt Demos (jedes vom ursprünglichen Dutzend auf dem Album hatte er drei- bis viermal als solche zuvor aufgenommen). Inspiriert hatte ihn zu vorhin genanntem Blues offenbar Taj Mahals „Corinna, Corinna“, von dem er bei den Proben eine ziemlich ehrfürchtig notengetreu gedeutete Interpretation mitschnitt. Als Demo genommen, ist auch der Probenmitschnitt von Neil Youngs „Out On The Weekend“ gar nicht schlecht.

Hier, aber auch bei diversen Vorstudien von „Time Passes“, beginnt man zu ahnen, warum der ursprüngliche Titel des Albums „Shit Or Bust“ war. Um etwas ansprechendere Aufnahmequalität war man da offenbar halt zuallerletzt besorgt. Vielleicht absichtlich.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates