PETER GABRIEL Frankfurt, Festhalle :: Es lebe das „Für jeden etwas!“-Prinzip: „Sledgehammer“ für Hit-Fans, Nostalgiker seufzen zu „Solsbury Hill“, und Neugierige sehen brutal reduziertes, doch hochkomplexes optisches Theater. Gabriel verbreitet mit der Neuauflage seines 28 Jahre alten Erfolgsalbums gediegen gute Laune. Taghelles Saallicht in der konstruktivistischen Festhalle macht jede Schraube und jeden zurückgehenden Haaransatz sichtbar. Gabriel betritt wie beiläufig die Bühne und begrüßt auf Deutsch: „Wir servieren das Konzert wie ein Essen in drei Gängen: Als Vorspeise ein Akustik-Set, die Hauptspeise wird herzhaft elektrisch, und wer das überlebt, bekommt noch Nachtisch: das komplette Album ‚So‘.“ Das kommt beim Publikum gut an, obwohl er vom Blatt abliest.
Die Bühnenauf bauten sind in Schwarz gehalten und auf einer Ebene nebeneinander arrangiert. Niemand wird dadurch optisch besonders gewichtet. Die Musiker des Original-Line-ups (Tony Levin, David Rhodes, Manu Katché) und David Sancious tragen dieselbe Frisur wie der Chef, nämlich gar kein Haar. Angesichts von Glatzen und einer barrierefreien Bühne stellt sich zunächst die Frage, ob da jemand aus der Not eine Tugend macht.
Doch bald wird klar: Hier soll das Konzept der Hingucker sein. Wie bei einer Bauhaus-Villa, die von außen betrachtet eher neutral und sperrig wirken kann, erschließen sich der Auf bau, die Funktionen und die radikale Eleganz erst, wenn man drin ist! Fünf gigantische Kamera-und Lichtkräne werde von zehn schwarz gewandeten, Fechtmasken tragenden Bühnentechnikern bedient.
Gegen Ende der Schwarz-Weiß-Hälfte bricht zu „Red Rain“ eine rote Lichtflut herein. Weiterhin alles schön monochrom. Gabriel wirkt verändert, anscheinend nicht nur äußerlich. Seine Stimme hat immer noch das typische Timbre, aber sie wirkt zerbrechlicher. So wie das großartige Video zu „Sledgehammer“ einst neue Maßstäbe setzte, ist hier das Gesamtkonzept die kluge künstlerische Weiterentwicklung. Die Show als Essenz von 64 Jahren Erfahrung. Als dann nach „Biko“ fulminant alle Farben des Regenbogens leuchten, ist pünktlich Schluss. THEA NIMMERMANN
Stolz des Südens