PJ Harvey :: Stories From The City, Stories From The Sea

Nicht so zerrüttet, aber auch nicht ganz so faszinierend wie ehedem.

„I’m scared baby/ I wanna run/ This world’s crazy/ Give me the gun.“ Bereits der Einstieg, „Big Exit“, lässt keine Fragen offen: Polly Jean Harvey, Chanteuse und ewiges Mysterium, muss dem Halbdunkel mal wieder den Rücken gekehrt haben, um ein neues, in diesem Fall ihr sechstes, Album aufzunehmen. Vielleicht hat die Harvey seit dem teils nur fahrigen, teils fast unzumutbar düsteren Vorgänger „Is This Desire?“ (1998) sogar eine Vielzahl von Apologeten verloren, doch grämen muss sie sich ganz gewiss nicht, denn das Songmaterial auf dem teils in New York, teils im britisch-ländlichen Dorset in Dreier-Besetzung aufgenommenen „Stories From The City, Stories From The Sea“ ist wieder deutlich stringenter und zupackender ausgefallen. Sicher, „Sheela-na-gig“ oder „Man-Size“ ist nicht mehr. Dafür erleben wir Polly so hysterisch wie lange nicht mehr („Kamikaze“) und auch so poppig wie selten zuvor („Good Fortune“). Ihre Bissigkeit hat sie dabei mitnichten abgelegt: In „The Whores Husde And The Hustlers Whore“ ist wieder mal alles falsch, verkehrt herum, verrückt. Und nicht etwa in its right place.

Da darf einer selbstverständlich nicht fehlen: Thom Yorke! Morgens nach dem Aufwachen saugt der Freshman unter den Bärten ja bekanntlich an Zitronen; hier hört er nachts die Helikopter kreisen. Nachdem er von Polly in der Vergangenheit das eine oder andere Brieflein erhielt, hat er nicht nur auf einigen Songs die Background Vocals übernommen, sondern singt mit „This Mess We’re In“ den ganz und gar wundervollen Höhepunkt des Albums nahezu allein:, And thank you/ I don’t think we will meet again/ And you must leave now/ Before the sunrise.“ Und Polly flüstert.

Im abschließenden, versöhnlichen „We Float“ lässt Harvey sich dann wieder allein treiben. Wohin, das weiß sie immer noch nicht. Irgendwann aber wird es einen Ort geben, den sie ihr Zuhause nennen kann. „Stories From The City, Stories From The Sea“ zeigt PJ Harvey im immer noch währenden Kampf gegen ihre Dämonen, Widersacher und Verführer. Sie dabei zu beobachten ist, na ja: berückend.

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