Plainsong – Amelia Earhart/Now We Are 3

Als Bilanz seiner (sehr kurzen) Jahre bei Matthews Southern Comfort veröffentlichte die Teldec seinerzeit eine Doppel-LP mit dem ironischen Titel „One, Two, Three… Too Good!“ Letzteres stimmte auch für etliche Solo-Platten, die der ehemalige Frontmann und Sänger von Fairport Convention danach veröffentlichte. Für erstklassige Songs hochkarätiger Kollegen hatte er immer ein untrügliches Ohr. Bei den Cover-Versionen bediente er sich der Vorlagen von Paul Siebel, Jesse Winchester, Tom Waits, Danny Whitten, Hank Williams und Randy Newman. Dessen alte Ehebruchs-Ballade „What Are You Waiting For“ nahm er in mächtig countrifiziertem Arrangement für „Valley Hi“ auf.

Aber die Platte, die ihm dauerhafteren Ruhm einbrachte als der Hit mit „Woodstock“, war das mit Plainsong eingespielte Konzeptalbum „In Search 0f Amelia Earhart“. Es war ein sehr locker gestricktes Konzept. Mit dem Schicksal der mysteriös verschwundenen Pilotin – der ersten Frau, die 1932 allein den Atlantik überquert hatte und drei Jahre später solo von Hawaii nach Kalifornien flog, was auch Joni Mitchell später zu einem ihrer schönsten Songs auf „Hejira“ inspirierte – befaßten sich näher nur wenige Kompositionen. An seine Folk-Anfänge erinnerte noch am ehesten das von Lovin‘ Spoonful Jerry Yester und Folk-lkonejudy Henske geschriebene „Raider“, eigentlich das sperrigste von allen Liedern hier. Selbst so melancholische wie „For The Second Time“ und „Call The Tune“ nisteten sich sofort in den Gehörgängen und in der Erinnerung ein. Ganz zu schweigen von so unwiderstehlichen Ohrwürmern aus fremder Feder, die das Quartett für dieses Debüt aufnahm, das von Rick Cunha und Martin

Cooper geschriebene „YoYo Man“ (eigentlich eine Steilvorlage für Dave Edmunds!), Paul Siebels „Louise“ (ähnlich tief empfunden vorgetragen wie von Bonnie Raitt bei ihrer Aufnahme) und der Trucker-Klassiker „Diesel On My Tail“.

Mehr radiofreundlich und hitverdächtig geht fast nicht sollte man annehmen. Aber die superbe Songkollektion wurde ein katastrophaler Flop für Elektra und für Matthews das Zeichen, daß er es vielleicht besser solo versuchen sollte. Man arbeitete tapfer an einem Folge-Album, aber nachdem sich die Band wegen der unvermeidlichen „musikalischen Differenzen“ und mangelnden Zukunftsperspektiven auflöste, sah man bei der Plattenfirma keinerlei Grund, diese Aufnahmen öffentlich zu machen.

Die gibt’s als Zugabe – das komplette „Now We Are 3“ mit allen 13 Aufnahmen – bei dieser Remaster-Edition auf der zweiten CD. Das ist nicht weniger als eine Offenbarung, eine der allergrößten Platten in der langen, an schwächeren LPs später nicht armen Karriere des Ian Matthews. Noch mehr Ohrwürmer wie „Darcy Farrow“ aus Southern Comfort-Zeiten! Nur stark gehobene Bootleg-Qualität bieten die sieben Live-Mitschnitte auf der zweiten CD, dafür allerdings wunderbare Interpretationen etwa von Paul Siebels „Any Day Woman“. Und die sehr folkrockige Version (Studio, aufgenommen für Single) des Association-Hits „Along Comes Mary“ ist sogar besser als die Vorlage. Die Rundfunkmitschnitte als Bonus-Tracks auf der ersten CD (prima Cover von „I’m So Lonesome I Could Cry“ und „Track Driving Man“) belegen noch einmal das Potential der Band. Absolut unverständlich immer noch, wieso es die nie schaffte und Matthews deswegen erst Jahrzehnte später die Band wieder aufleben ließ.

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