Prefab Sprout – Steve McOueen

Wenn die Geliebte zu lange weg ist, nimmt das Herz ab, wie auf Diät. Singt der 27-Jährige mit offenbar aus eigener Sehnsucht gelernter Altklugheit, während ein anhakendes, sonderbares Geräusch durch die Musik strahlt: als ob die Wolken laut ein- und ausatmen würden oder die Engel seufzen. Weniger ein Ton, mehr eine Farbe, so pastell-rosa-blau wie die Plattenhülle. Und der junge Mann denkt daran, wie die großen Soul-Sänger, die er bewundert, immer das Tanzseil zwischen dem Dreck und dem Himmel gespannt haben. „When love breaks down“, hört er sich singen, unzweifelhaft: Wenn die Liebe aus ist, erzählt man Lügen, um sich selbst übers Elend hinwegzutäuschen.

Schwer zu sagen, ob man das im April 1985 schon merken konnte, als „Steve McQueen“ herauskam, die zweite Platte des nordostenglischen Sängers und Songwriters Paddy McAloon und seiner Band Prefab Sprout: In dieser Musik klingen die 80er Jahre schon wie eine Erinnerung, bevor sie überhaupt halb vorbei waren. Man spürt ebenso die Yuppie-Sophistication wie den Eskapismus, man hört die Feier der neuen Technologie wie auch den Beginn einer radikalen Nostalgie-Fixiertheit – aber all das sind nur Echos, die ineinanderklingen, sich überlagern und der Musik diese besondere Farbe geben, die man nie wieder so gesehen hat.

Und sonderbarerweise klingt „Steve McQueen“, dieses Traumwerk, bei der Wiederveröffentlichung nur ganz wenig nach Eighties, obwohl so viele zeittypische Synthesizer vorkommen, Wassertropfen-Soundeffekte, Synthesizer, die wie menschliche Stimmen klingen sollen und dabei oft von Wendy Smith mitgesungen werden, die wiederum wie ein Synthesizer klingt. Produzent und Keyboarder Thomas Dolby, der von der Songauswahl bis zum Abmischen einen fast Autoren-ähnlichen Anteil an „Steve McQueen“ hatte, ist nun wieder für das Remastering dieser ersten gescheiten CD-Ausgabe verantwortlich, hat Transparenz und Dynamik erhöht, den Fluff bewahrt: die durcheinander summenden Stimmen und verloren hallenden Gitarren über dem rutschfesten Profil einer Nightclub-Jazz-Pop-Gruppe mit knarzendem Bass und Porzellan-Klavier. Erst die Liebesseite, dann das philosophische Brevier. Die ersten Güterzugträume, das Nachtlied für den frisch verblichenen Marvin Gaye, die junge werdende Mutter, die ihre Tochter nicht „Herzschmerz“ nennen kann, weil das doch ein Jungsname ist.

Es ist diese unglaubliche Balance zwischen Besonnenheit und Soul, Bettkante und Musical, die an dieser Platte so besonders ist. Und als ob das nicht genug wäre, hat der halb erblindet und ertaubte McAloon für den ReRelease acht neue Akustikversionen geschickt. Versionen mit prasselnden Gitarren, Spinett-artigen Kontermelodien, neuen Takten, Stimmlagen und einer Märchenerzähler-Distanz, die die alten, großen Arrangements paradoxerweise noch intimer klingen lässt. Erinnerungen an Erinnerungen, ein Gruß, und dann legt sich wieder der rosa-blaue Nebel über die Szene.

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