R.E.M. :: Fables Of The Reconstruction: 25th Anniversary Deluxe Edition

Die Voraussetzungen waren denkbar schlecht. Über die Aufnahmen zu ihrem dritten Alben wurden jahrelang finstere fables of deconstruction erzählt – vor allem von R.E.M. selbst. Aus Athens, Georgia waren sie ausgerechnet im Winter nach London aufgebrochen, um mit Produzent Joe Boyd „Fables Of The Reconstruction“ aufzunehmen. Sie hatten kaum fertige Songs dabei, das Wetter war mies, die Stimmung in der Band auch.

Und doch gelang ihnen wieder ein kleines Meisterwerk. „It’s a doomy, psycho record, dense and atmospheric“, schreibt Peter Buck in den Liner Notes. Zum letzten Mal war diese Atmosphäre dabei deutlich von den Südstaaten geprägt. Man hört Güterzüge durchs Land fahren („Driver 8“, „Auctioneer“) und begibt sich mit „Maps And Legends“ auf die Suche nach dem Reverend Howard Finster, einem Künstlerkauz und Visionär. Klassische Southern weirdos bevölkern gleich etliche Songs: „Old Man Kensey“ kommt eher knorrig daher, „Wendell Gee“ melancholisch beschwingt, doch besonders unwiderstehlich bleibt das schaukelnde „Life And How To Live It“. Bill Berrys seltsame Art zu trommeln ist hier besonders schön zu hören, und auch Michael Stipes Gesang war schon weit vom Gemurmel der Anfangstage entfernt. Der Folk-Pop öffnete sich immer weiter, ganz behutsam.

Vor kurzem waren bereits das Debüt „Murmur“ – auf CD 2 mit einem Konzert aus Larry’s Hideaway in Toronto, Juli 1983 – und „Reckoning“ – mit einem Konzert aus dem Aragon Ballroom zu Chicago, Juli 1984 – wiederveröffentlicht worden. Bei „Fables“ gab man sich nun besondere Mühe. Dem kleinen Box-Set der „25th Anniversary Deluxe Edition“ liegen neben ein paar Foto-Postkarten und einem Poster auf der Bonus-CD die „Athens Demos“ bei. Die 14 Tracks entsprechen zwar im Wesentlichen dem „Fa-bles“-Album – nur mit „Hyena“ wird schon dem nächsten vorausgegriffen – und liefern vor allem die platte Erkenntnis, dass die Songs auch ohne richtige Produktion einen unheimlichen Sog entwickeln – und vielleicht sogar einen noch größeren, weil unverstellten Charme. Ein unveröffentlichtes Lied ist aber auch dabei: „Throw Those Trolls Away“, das sich als krude Vorform von „I Believe“ entpuppt, mit schönen Zwischentönen von Mike Mills und einem Studio-Befehl von Stipe: „Turn the guitar up a little bit!“ Das hört man nicht oft von ihm, ist bei Peter Buck auch selten nötig. Mit Trollen hatte Stipe es damals übrigens wohl: In „Can’t Get There From Here“ tauchen sie auch schon auf – vielleicht ein Grund, den Song dann erst mal liegenzulassen.

In „Good Advices“ singt er schließlich mit seiner tiefsten, weisesten Stimme noch einmal von der Heimat, vielleicht auch von der Liebe: „I’d like it here if I could leave and see you from a long way away.“ Eine Einschätzung, die in den kommenden Jahren bei vielen Welt-Tourneen auf die Probe gestellt werden sollte.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates