R.L. Burnside – Come On In und Junior Kimbrough – God Knows I Tried :: Fat Possum /Connected/Edel

Unter den Blues-Labels nimmt Fat Possum eine Sonderstellung ein. Kompromissen abhold, pflegt man mit gesunder Sturheit das Erbe alter Mississippi-Herrlichkeit, pfeift auf die Gepflogenheiten des Marktes und gibt Künstlern eine Heimat, die zu eigenwillig sind, um sich der Zweckrationa lität von PR-Strategen unterzuordnen. Mavericks, durchaus mit der nötigen Chuzpe. „There are only two kinds of blues records made today“, poltert Label-Supremo Matthew Johnson, „Fat Possum Records, which don’t suck. And all the others.“ Das müssen wir nicht kommentieren.

Rigorismus also und Prinzipientreue, zwei Tugenden, die alle großen Labels angetrieben haben, meist bis zum bitteren Ende. Was oft fehlte, war Wagemut. Selbstüberwindung. Die Bereitschaft, kopfüber ins kalte Wasser zu springen. „Come On In“ ist ein solcher Sprung. Aus schwindelnder Höhe, Mehrfachsalto, geschraubt, jedoch schließlich mit unsanfter Landung. Man hat den rohen, ungezügelten, beinahe archaischen Blues von RX. Burnside keinem anderen überantwortet als Tom Rothrock. Der hatte einst für Becks „Loser“ die Regler geschoben und für die Foo Fighters Knöpfe gedreht Und nun machte er sich, auf eigenen Wunsch, ans Kneten von Mississippi-Schlamm. Versetzte die kruden Akkorde mit Samples, unterlegte die brachiale Rhythmik mit Loops und tüftelte und mixte, bis eine Platte entstand, die – oh Wunder – nicht nur funktioniert, sondern fasziniert Der primitive Stomp von „It’s Bad You Know“ wird in ungeahnte Schwingungen versetzt, dem Title-Track, in Teil 1 unbehauen, verpaßte Rothrock für Part 2 eine elektronische Stromlinie, die der Substanz nichts nimmt, ihr nur Rasanz hinzufügt. Unterwegs, zwischen Sprungbrett und Wasser mißlingt auch manches, sicher. Der schlierige Sound der Original-Tapes läßt sich nicht an jeder Stelle mit Electronica versetzen. Aber erst der letzte Track versagt völlig. Ein Fremdkörper, nicht von Rothrock bearbeitet, sondern von Alec Empire. Und so klingt er dann aucb hyperventiuerend, überladen, überflüssig. Wie gesagt, fast eine Bauchlandung.

Traditionell abgemischt sind dagegen die letzten Aufnahmen von David „Junior“ Kimbrough, die im Laufe der Wer Jahre entstanden und jetzt postum veröffentlicht werden. Kimbroughs kehliger Gesang, vor allem aber seine inventiven Gitarrenläufe sind nicht mehr so vital wie einst, doch ist dieser atavistische Lärm Ausdruck von Stolz und Würde. Die Highlights hypnotisieren, der Rest ist Phlegma.

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