Rauchfreie Colts – No Smoking in Filmen – oder es droht der Entzug der Jugendfreigabe

In „Next“ spielt Nicolas Cage einen Mann, der für einen Moment in die Zukunft blicken kann. Nicht vorhergesehen hat er, dass der Action-Thriller von Lee Tamahori floppen würde. Doch es hätte noch schlimmer kommen können, wäre der Film zwei Wochen später gestartet: Denn Cage raucht in einigen Szenen. Und das will die Motion Picture Association of America nicht mehr tolerieren. Künftig soll Produktionen, in denen Tabak konsumiert wird, die kommerziell wichtige Jugendfreigabe PG-13 verweigert werden. Einen dann mit „R“ behafteten Film dürfen Zuschauer unter 17 nur begleitet von Erwachsenen im Kino schauen – es würde ein Großteil der Zielgruppe wegbrechen. „Next“ hätte noch weniger als 17 Millionen Dollar umgesetzt.

Wie die Zukunft aussehen könnte, hat schon „Thank You For Smoking“ gezeigt. In der Satire über den hysterischen Glaubenskampf um den Glimmstengel tauchte nicht ein Rauchkringel auf. Dennoch wird sich wohl kaum etwas ändern. Hollywood ist längst auf Entzug. Die teuren Blockbuster sind nahezu rauchfrei, bereits während der 90er Jahre wurde lediglich in 30 Prozent der Filme von großen Studios gequalmt – und dann waren es meist die bösen Buben. „Krebspatient“ hieß in der TV-Serie „Akte X“ der finstere Geselle, der von Abtreibung bis zu Außerirdischen für allen Schlamassel in Amerika verantwortlich war. Aus alten Cartoons von „Tom & Jerry“ wurden im vergangenen Jahr die Zigarren entfernt. Womöglich sieht man bald Stummelraucher „Columbo“ mit Lakritzstange im Mund wieder. Und die Weinstein-Brüder hatten unlängst angekündigt, Warnhinweise auf DVD-Hüllen von Filmen mit Raucherszenen zu kleben. Premiere war bei „Clerks 2“. Doch die Verlierertypen aus dem tristen New Jersey wurden für „strong language and sexual content“ schon im Kino mit dem R-Bann belegt.

Nur Loser brauchen die Zigarette, postuliert gerne die Anti-Raucher-Lobby. Allerdings üben die Außenseiter oft einen höheren Reiz aus als die sauberen Helden. Da wird jede Kippe zum anarchischen Akt. So findet man die meisten Raucher in Independentfilmen, die noch eherdie Realität abbilden und auch Probleme von Jugendlichen behandeln. Diese wenden sich jedoch überwiegend an das reifere Arthouse-Publikum. Bei Werken mit historischem Hintergrund will die MPAA zudem Ausnahmen machen. Dabei erfüllt David Strathairn als Kettenraucher in „Good Night, And Good Luck“ ebenso klar wie Scarlett Johansson mit Zigarettenmundstück in „Die schwarze Dahlie“ das Kriterium, wonach „pervasive or glamorized Smoking“ geächtet werden soll.

Glamour versprach die Qualmerei noch in Hollywoods goldener Ära der 40er und 50er Jahre, deshalb wurde nicht nur in vielen Filmen pausenlos geraucht. Humphrey Bogart verbrauchte täglich mehrere Päckchen, in fast allen Einstellungen hält er eine Zigarette. Eine Geste und ein Blick führten damals noch zu magischen Momenten, und dazu gehörte auch das Entzünden einer Zigarette, meistens schweigend, sinnierend, in einer Sekunde gebündelte Spannung, bis das Schicksal wieder seinen Lauf nahm. Bogart spielte oft tragische, einsame, einzelgängerische Charaktere wie auch Robert Mitchum, der oft zwischen zwei Zigarettenzügen auf die Femme Fatale traf.

Bogart starb an Lungenkrebs wie auch Steve McQueen, sein Nachfolger in den 60er und 70er Jahren. Den letzten wirklich coolen Zug nahm Bruce Willis in „Stirb langsam“, der nach den blutigen Schießereien aber raucht, als wäre es sein letztes Mal. Heute sind nicht nur die gebrochenen Helden, die Halt suchen, und sei es an einer Selbstgedrehten, selten geworden, die Stars sind vor allem gesund. Man leidet nicht mehr mit ihnen. Das Ende der Zigarette hat diesen Typus geprägt, der das Kino der Zukunft wie Disney World aussehen lassen wird.

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