Ray Charles :: Rhythm And Blues – The Early Recordings 1949-55

Die noch unvollkommenen frühen Aufnahmen des späteren Meisters Rhino war so weise, die ganzen Atlantic-Aufnahmen des Meisters nach dem Erfolg von „Ray“ noch einmal remastered in verschiedenen Konfigurationen und auch dem wunderschönen Komplett-Set mit dem bislang unveröffentlichten Material rauszubringen. Denn inzwischen erscheinen natürlich mehr und mehr solcher Retrospektiven wie diese Doppel-CD mit den „Early Recordings 1949-53“, die jetzt „frei“ geworden und nicht mehr geschützt sind. Wie von Nat King Cole gabs natürlich auch von Ray Charles längst Dutzende CDs mit den allerersten Aufnahmen im Maxin Trio, mit Lowell Fulson, solo und dem frühen „Orchestra“. Aber da wir das Jahr 2007 schreiben, darf man jetzt in einem Rückblick auf sein frühes Schaffen nicht nur die Swing Time-Singles, sondern auch die berühmten frühen Atlantic-Hits wie „I Got A Woman“, „This Little Girl Of Mine“, „Drown In My Own Tears“ und „Hallelujah I Love Her So“ aus jenen Jahren bringen, nachdem Ahmet Ertegun den Vertrag des Sängers für 2500 Dollar aufgekauft hatte, ohne dass er ihn je live gehört hätte. So viel blindes Vertrauen beeindruckte den jungen Ray schon sehr. Nicht zuletzt selbstredend auch deswegen, weil die Stars des auf Jazz und Rhythm & Blues spezialisierten Labels auch zu seinen Idolen gehörten.

Zu behaupten, der junge Ray Charles hätte in den späten 40er Jahren noch nicht zu seinem Stil gefunden, wäre eine endlos krasse Untertreibung. Er versuchte sich in verschiedenen Gattungen, auch als Balladen-Crooner bei „You’ll Never Miss The Water“ oder „If I Give You My Love“, aber weder hatte er da schon das typische und viel bewunderte Timbre entwickelt, noch zeichnete er sich in Sachen Blues – und den sang er bei Aufnahmen jahrelang immer wieder – durch sonderliche Originalität aus. Die unter dem Namen Maxin Trio 1950 eingespielten Fassungen von Genre-Klassikern wie „Sittin‘ On Top Of The World“, „I’ve Had My Fun“ und „See See Rider“ hören sich heute allenfalls wie Visitenkarten für einen Nachwuchs-Wettbewerb an. Mit bläserlastigem Frühwerk wie dem „Late In The Evening Blues“ animierte er vielleicht das Publikum zum Schwof bei Tanzveranstaltungen auf dem chitlin circuit.

Zwischendurch nahm er auch berühmte Show-Tunes wie „I Wonder Who’s Kissing Her Now“ auf, die er tatsächlich nett zu absolvieren verstand. Aber mit solchem Material, nämlich „Baby Let Me Hold Your Hand“, hatte er schließlich doch seinen ersten großen Erfolg – Nr. 7 in der Rhythm & Blues-Hitparade! Mittlerweile schon mal besser am Piano improvisierend, sich auch offensichtlich ehrgeiziger an Spezialisten der Gattung Blues orientierend, nahm man ihm gern die Botschaft ab, dass er seinem Baby einen Diamantring kaufen werde. Auch den „Lonely Boy“ aus der gleichnamigen folgenden Aufnahme.

RHYTHM AND BLUES

Aber wer der wahre Ray Charles mal sein würde, deutete er erstmals mit „Kissa Me Baby“ an, 1952 sein zweiter Top-Ten-Hit. Nicht der junge Mann am Klavier, sondern Earl Brown als Duett-Partner und furios am Saxofon sorgte dafür, dass das im Grunde ein Stück Proto-Rock ’n‘ Roll — irgendwo ein Vorläufer von Little Richards „Tutti Frutti“ —wurde.

Der nächste kleine Geniestreich – — langsam wurde das was! -— war „Hey Now“, ebenfalls auf seinem eigenen Mist gewachsen wie das schön gospelige „Misery In My Heart“ danach. Endlich bot er hier mit seinem Orchestra ganz großes Showbusiness. Ab sofort hatte auch so etwas wie die Blues-Ballade „Walkin’And Talkin'“

den völlig unverwechselbaren Ray-Charles-Touch. „Misery In My Heart“ sollte er in den folgenden Jahren oft als Blaupause verwenden. Das kuriose Intermezzo wurde „It Shoulda Been Me“, ein Stück aus dem Coasters-Lehrbuch. Danach übernahm Ahmet Ertegun die Regie über seine Karriere, und nach zwei richtig fabelhaften Blues-Einspielungen („Losing Hand“ und Lowell Fulsons „Sinner’s Prayer“) zündete „Mess Around“ die nächste Stufe seiner Karriere.

Der Rest, der hier folgt, ist der bekannte Stoff, der seine Legende begründete. Informationen zu den 56 Aufnahmen der von dem englischen Oldies-Label Chrome vorgelegten Rückschau auf zwei CDs muss man anderswo suchen: Hier findet man keine einzige Zeile Liner Notes, keinerlei Angaben über Wo und genaueres Wann der Aufnahmen, vermerkt nur Komponist und Musikverlag. Aber wenigstens die Aufnahmen der Jahre 1949 bis 1955 in passablen Überspielungen.

Mit ganzen 20 Aufnahmen derselben „freien“ Jahre ist „The Soul Of A Man“ (SPV. 2,5 ) eher eine Auswahl für Arme, die R&B-Hits komplett und ein paar mehr Songs dazu, alles kommentiert von Neil Slaven, der auch auf das denkwürdige Treffen des jungen Ray mit dem 15 Jahre alten Quincy Jones zu sprechen kommt. Da man Remastering rechtlich nicht schützen kann, durfte man sich im Zweifelsfall auch hier mit fremden Federn schmücken und konzentrierte sich klar auf die frühe Atlantic-Ära des Sängers. (CHROME CDCD/ IN-AKUSTIK)

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