Replays 1 von Franz Schöler

Regelrecht geplündert wurde über die Jahre hinweg immer wieder das musikalische auf Band erhaltene Vermächtnis von MARC BOLAN, ob solo oder auch als Mitglied von TYRANNOSAURUS REX: Auf mindestens fünf Dutzend Einzel-CDs und Box-Sets wurde bislang in Lizenz zweier Firmen wiederveröffentlicht, was das nachmalige Kult-Idol bei seinem Tod an Aufnahmen hinterlassen hatte! Wer annahm, daß das Thema nach der Veröffentlichung von „The Definitive Tyrannosaurus Rex“ (Sequel NEXCD 25o, 3,0 ) und der 3er-Box „Marc Bolan & T.Rex Anthology“ (Castle/ edel ESBCD 965, 3,5) endlich gegessen sein müßte, der irrt. Das Material, das der kleine Narziß mit dem großen Ego auf eigenem Label zwischen 1972 und 1977 herausbrachte, gibt es neuerdings kompletter denn je zuvor auf einer ganzen CD-Serie des Oldies-Spezialisten Demon/Edsel, nämlich neben den obligatorischen Hit-Kompilationen auch teilweise „unplugged“ produzierte Demos zum „Slider „-Album mit dem Titel, „Rabbit Fighter“ (EDCD 403, 2,5 ) und zwei Dutzend gänzlich vormals unveröffentlichte Aufnahmen als „Messing With The Mystic“(EDCD 404, alle über TIS, letztere für Fans und T. Rex-ologen vermutlich 4,0 wert). Nicht die letzte Hochbit-Technik, wohl aber die entschieden größere Sorgfalt bei der Überspielung sorgte dafür, daß die Sachen nun besser denn zuvor auf oft lieblos zusammengeschusterten CDs klingen. Genauer gesagt: relativ besser! Denn auf high-fidelen Wohlklang legte dieser Sänger mit der restlos verzerrten Gitarre doch den geringsten Wert.

Was man von LEO KOTTKE nun wirklich nicht behaupten kann. Zumal im Studio war dieser Gitarrist wiederrum immer ein Perfektionist. Was seine Bewunderer entzücken dürfte, ist die Tatsache, daß es zuguterletzt zwei seiner klangtechnisch faszinierendsten Platten, nämlich „Leo Kottke“ von 1976 (BGO CD257/TIS, 5,0 ) und „Guitar Music“ von 1981 (Chrysalis/Intercord Import 3213282, 4,0) nun doch noch erstmals in dramatisch besser klingenden CD-Neu-Überspielungen gibt. Für den US-Import des Chrysalis-Debüts von 1976 hatte nämlich vorher ein ungenannter Techniker eine teils hörbar schadhafte Kopie phasenverpolt überspielt! Und für die deutsche CD von „Guitar Music“ hatte man bei der Fabrik in Gütersloh offenbar eine schlechte Analog-Kopie mit drastisch abfallendem Mitten- und Hochton-Frequenzgang verwendet, sodaß die Gitarre hier regelrecht „wattiert“ klang. Wer sich davon überzeugen möchte, daß solches im Studio niemals beabsichtigt war, sollte sich mal die jetzt erschienenen CDs anhören: Schon deswegen, weil diese Aufnahmen zu den technisch famosesten der Analog-Ära gehören! Von Kottke-Vorbild und -Förderer JOHN FAHEY erschien unlängst als Doppel-CD mit dem Titel „The Return Of The Repressed: The John Fahey Anthology“ eine sehr gute Auswahl mit so knappen wie kompetenten liner notes und Kommentaren zu jedem der 42 Instrumentals (Rhino R 71737/TIS). Entgegen der Rhino-Werbung war Fahey natürlich nicht „der wichtigste akustische Gitarrist des letzten Vierteljahrhunderts“ (von Manuel Barrueco und Ry Cooder bis Bert Jansen und Leo Kottke wären da noch etliche andere zu nennen). Aber an seinem Rang als einer der einflußreichsten Stilisten der „American primitive guitar“ ändert das auch nichts. 3,5

Die „Schule“ eines anderen durchaus eigensüchtigen Förderers – die von John Mayall – absolvierten diverse Talente summa cum laude. So ein gewisser PETER GREEN, mit dem Mayall „A Hard Road“ aufgenommen hatte (London 820 474-2), und jener junge MICK TAYLOR, der bei „Crusade“ (Deram 820 537-2, beide 3,5 ) angehendes Virtuosentum demonstrieren konnte. Anflüge von Genialität hatte zuvor auch ein anderer Gitarrist bei den Aufnahmen zu „Bluesbreakers With Eric Clapton“ demonstriert. Wundersamerweise gibt es das jetzt erstmals – leider teuer, weil „vergoldet“ – in exzellenter Klangqualität, nämlich besser als je zuvor auf allen von Decca vorgelegten Vinyl- und CD-Versionen (MFSL UDCD 616/ inakustik). Was man immer hoffen durfte, seit vor Jahren Eric Claptons 4-CD-Retrospektive „Crossroads“ erschienen war. Kurioserweise klingen die Bluesbreakers-Aufnahmen jetzt sogar noch besser als in der Auswahl dort! 3,5

In Irland dürfte das teure Teil kaum zum Bestseller werden: Die grüne Insel ist nun mal eines der Armenhäuser Europas. So arm, daß man deswegen PAUL BRADYS Folk-Klassiker „Welcome Here Kind Stranger“ ant der immer noch hinreißendsten Aufnahme des kreolischen Folk-Evergreens „The Lake Of Pontchartrain“ von knisternder Vinyl-Pressung transferieren mußte, kann das Land allerdings auch nicht sein. Für die künstlerische wie auch die vorzügliche Aufnahme-Qualität wären hier – hätte man die Originalbänder von 1978 benutzt – 4,5 angesagt gewesen. Angesichts des dubiosen CD-Mastering (Mulligan Music LUNC-DO24, diverse Importeure) können Folk-Freaks nur darauf hoffen, daß Brady daran interessiert ist, die Aufnahmen doch noch in optimaler Qualität zu veröffentlichen.

Eher peinlich ist es auch, daß von LOUIS PRIMA (der von „Buona Sera“ und „Just A Gigolo“!) neben den kompletten Capitol-Aufnahmen, die vor einigen Monaten „Bear Family Records“ herausbrachte, hierzulande nur ein halbes Dutzend Bootleg-Titel seiner Hits zirkulieren. Jetzt erst importiert der I.R.S. jene „Best Of“-Auswahl, die Spezialist Bob Furmanek für die „Capitol Collector’s Series“ zusammengestellt hatte (CDP 7940722). Die Mixtur aus Schnulzen und Dixieland, Jump Blues sowie Rock’n’Roll, die dem Dicken mit der samtig aufgerauhten Stimme zu Popularität verhalf, gehört immer noch zu den ungewöhnlichsten der Pop-Historie. 4,0

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