Replays 1 von Franz Schöler
G rundlich vermasselt hat Tonmann Jon Astley so ziemlich alles im Fall der Neuausgabe des WHO-Frühwerks, dem Pete Townshends erste Mini-Oper „A Quick One (While He’s Away)“ den Titel gab. Einige der zehn Bonus-Tracks hier mischte er doch tatsächlich neu von den Vier-Spur-Originalen ab. Aber beim Hauptwerk verwendete er anstelle der vorhandenen Stereo-Mixes ein Mono-Band! Was um so absurder ist, als die Stereo-Effekte manchmal wesentlich zum künstlerischen Reiz der Produktion beitragen und Drummer Keith Moon in der Stereo-Fassung erst so recht als der Lead-Instrumentalist des Quartetts zur Geltung kommt. 3,5 Bei der Neu-Edition von „The Who Seil Out“, ebenfalls um zehn vormals nur im Box-Set der Gruppe erhältliche Bonus-Stücke bereichert, macht derselbe Jon Astley wiederum alles richtig. Das Original sollte man als Who-Fan natürlich unbedingt behalten (in diesem Fall ausnahmsweise die deutsche und nicht die von flauer Kopie gezogene amerikanische LP bzw. CD), denn die neue Version ist weitestgehend ein Remix mit deutlich weniger Rauschen und Klirrprozenten, teilweise entschieden anderer Verteilung der Instrumente im Stereo-„Panorama“ und hörbar erweitertem Frequenzbereich in Baß und Höhen. Manch einer vermißt da womöglich satte Verzerrungen des Original-Mix. Der Kontrast zwischen den anachronistischen (von Roger Entwhistle und Keith Moon brillant erfundenen) Mono-Jingles und den zeitgeistigen Psychedelica der Produktion wirkt andererseits jetzt noch krasser. In seinen Liner Notes bezeichnet Kritiker Dave Marsh das Album als „vollkommenes Meisterwerk“ und weist darauf hin, daß „Mary Anne With The Shaky Hand“ nicht weniger sexuelle Andeutungen beinhalte als vorher „Pictures of Lily“. Aber zarte! (Polydor 527 758-2 und527759-2) 4,0 Im selben Jahr wie „The Who Seil Out“ veröffentlicht, war das EVERLY BROTHERS-Album mit dem programmatischen Titel Jtßots“ (Warner Archives 7599-26927-2) ganz gegen den Zeitgeist gestrickt Mit Songs von Jimmie Rodgers und Merle Haggard, Randy Newman, George Jones und Carl Davis‘ Oldie „Kentucky“ war das erklärtermaßen eine Rückbesinnung wie zehn Jahre davor „Songs Our Daddy Taught Us“. Damals nur von Kennern (wie einem Gram Parsons etwa) geschätzt, präsentierte die Platte die Sangesbrüder in Höchstform. Und vielleicht ist dieses unzeitgemäße Werk gerade wegen seiner romantisch verklärenden Nostalgie seither überhaupt nicht gealtert 4,0 Das gilt ganz ähnlich für „The At-Ik Tracks 1972 -1984“ (Raven RVCD-46, div. Importeure), eine ganz vorzügliche australische Kompilation, bei der von SANDY DENNV, TREVOR LUCAS & FRI-ENDS aus dem Band-Nachlaß neben raren Single-B-Seiten und Studio-Outtakes der Island-Jahre (etwa eine französischsprachige Einspielung des wunderbaren „Listen, Listen“ mit Richard Thompson oder die Little Feat-Hommage „Easy To Slip“ angeblich mit Steve Winwood an der OrgeD Folk-Schätze wie die konzertanten Fassungen von „No End“ und „Who Knows Where The Time Goes“ zu finden sind, die nur einmal mehr Sandy Dennys Ausnahme-Rang belegen. Eine Fundgrube für Folk-Freaks. 3,5 Für die Schwermetall-Fraktion bietet die Jubiläumsausgabe von J)eep Purple In Rock“ {EMI 834019 2) neben marginal besserer Überspielqualität – Electrola-Pressungen waren halt damals so übel nicht! – die „Black Night“-Single, einige Minuten Studio-Geschwätzes und als „Zuckerl“ ein halbes Dutzend Remixes und Alternativ-Fassungen. Der eigentliche Bonus ist hier die sehr ausführlich erläuternde beigefügte Broschüre. Für Fans also 4,0 Seit „Get Rhythm“ – das war 1987! – hat RY COODER für die Warner-Brüder kein neues Studio-Album mehr aufgenommen, nurmehr Film-Soundtracks dort veröffentlicht Vom ersten, zu „The Long Riders“, bis zum vorerst letzten, bei Sony Music erschienenen „Geronimo: An American Legend“ bietet „Music By Ry Cooder“ (WEA 9362-45987) einen ganz hervorragenden Querschnitt Unbedingt empfohlen schon deswegen, weil er a) zehn bislang noch nie auf CD erschienene Soundtrack-Arbeiten bietet, b) die „Long Riders“-Aufnahmen gänzlich neu gemischt und c) die von „Blue City“ als kürzeren Remix bzw. in weit besser entzerrter Nachbearbeitung enthält Nur hätte Co-Produzent Cooder jr. Joachim besser aufpassen sollen: Track 8 der zweiten CD ist nicht „Goose And Lucky“, sondern das ebenfalls mit Trompeter Jon Hassell eingespielte „You Think It’s On Now“ vom selben Soundtrack „Trespass“! Für Freunde des ganz besonderen Wohlklangs selbstredend ein Fest 4,0 Was man wiederum von den Singles, die der Gitarristen-Kollege ELMORE JAMES zwischen 1951 und 1956 aufnahm, wirklich nicht sagen kann. Als Destillat aus der Drei-CD-Box erscheint nun das Einzelplättchen „The Best Of Elmore James – The Early Years“ (Ace CDCHD 583). Absolut legendärer Stoff, dessen historische Bedeutung man kaum überschätzen kann: Mindestens zwei Generationen englischer Blues-Schüler versuchten so hartnäckig wie vergeblich, den „Ton“ des Meisters zu treffen. Bis sie dann lieber – wie Eric Clapton in der berühmten Martin-Scorsese-Dokumentation zugab – lieber ihre Verstärker bis zum Anschlag aufdrehten! 5,0 Der Tip für betuchtere Zeitgenossen noch, die gesteigerten Wert auf größte handwerkliche Sorgfalt legen: RCA hat – alle lieferbar via ARIS hierzulande – diverse hauseigene Klassiker als goldbedampfte Nobel-Plättchen nochmals aufgelegt. Das RCA-Debüt von ELVIS PRESLEY (RCA 66859-2) etwa wurde allerdings in praktisch identischer Klangqualität neu aufgelegt Wem ist damit nun geholfen? 4,0